Typisierung: Tausende wollen dem leukämiekranken Henry helfen
Mehr als 3000 Menschen haben sich typisieren lassen. Gesucht wird so ein Spender für den leukämiekranken Henry.
Lobberich. Wer an diesem Sonntagmorgen in die Straße An den Sportplätzen einbiegt, der merkt sofort, dass etwas Besonderes los sein muss. Autos parken von Anfang an, und Richtung Gymnasium und Sporthalle hinauf werden es mehr. An der Kreuzung mit der Wevelinghover Straße steht sogar ein Einweiser. Vor der Mensa der Werner-Jaeger-Halle hat sich eine Menschenschlange gebildet. Permanent gehen Menschen hinein und neue stellen sich an.
In der Mensa stehen zwei lange Tischreihen. Auf der einen Seite sitzt jeweils einer der 200 Helfer. Auf den Plätzen gegenüber wechseln sich die Menschen ab, die sich typisieren lassen wollen. Hier füllen sie — bei bedarf mit Hilfe — die Typisierungsbögen aus. Danach können sie, wenn sie möchten und können, Geld spenden, bevor es zur Blutabnahme geht. Hier sind allein 50 der Helfer damit beschäftigt, Blut abzunehmen. In einem weiteren Raum können die möglichen Spender dann ihr Röhrchen mit allen Unterlagen abgeben. Im Schnitt dauert es 15 Minuten, bis der Parcours durchlaufen ist.
Ein Mini-Unternehmen von Studenten der Fontys aus Venlo verkauft individuelle Schlüsselanhänger. Drei Euro gehen als Spende an die DKMS. Für Henry. Denn für den zweijährigen Henry aus Lobberich findet diese Typisierungsaktion statt. Der Zweijährige leidet an JMML, einer sehr seltenen Form der Leukämie. Damit er leben kann, muss ein Spender gefunden werden. Familie und Freunde haben die Typisierungsaktion mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS auf die Beine gestellt, um vielleicht diesen einen Menschen zu finden, dessen Gewebemerkmale mit denen von Henry übereinstimmen. „Wir haben schon über 300“, ruft eine Helferin um 10.45 Uhr mit strahlendem Gesicht. Gut fünf Stunden später werden es mehr als zehn Mal so viele sein. Die ehrenamtlichen Helfer werden dann mit den Überstunden beginnen, weil um 16 Uhr, als das offizielle Ende der Aktion vorgesehen war, noch immer Menschen Richtung Mensa strömen.
Nettetals Bürgermeister Christian Wagner, der die Schirmherrschaft für die Aktion übernommen hat, lässt sich gegen 11 Uhr typisieren. Holger Brouwers, der Ehemann von Henrys Patentante Sandra, gehört zu den Helfern. „Wir haben die letzten zwei Wochen lang kaum etwas anderes gemacht, als auf diesen Tag hinzuarbeiten“, sagt er. Auch viele Vereine und Gruppen schicken Abordnungen von Mitgliedern, die noch nicht typisiert sind. Darunter auch die Feuerwehren aus Nettetal und Schwalmtal.
Alle, die am Sonntag gekommen sind, sind dann bereits in der Datei. Im Zentralen Knochenmark-Spenderegister werden alle Gewebemerkmale gespeichert — mit dem Hinweis, bei welcher Datei der Spender registriert ist. Diese wird dann kontaktiert, wenn eine Übereinstimmung vorliegt. Der Suchlauf startet täglich von vorne, weil durch weltweite Typisierungsaktionen immer neue mögliche Spender hinzukommen.
Für die Familie beginnt jetzt die Zeit des Wartens, bis hoffentlich bald die erlösende Nachricht kommt: Ein Spender für Henry.