Bedrohung für den Wald in Viersen Borkenkäfer und Trockenheit

Viersen. · Der Fichtenbestand schrumpft schneller als gedacht. Doch nicht nur das bereitet dem Stadtförster Sorgen.

Der Buchdrucker ist eine Unterfamilie der Borkenkäfer. Er vermehrt sich nun wieder massiv in Viersens Wald.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Fichten könnten schon in wenigen Monaten fast komplett aus Viersens Wald verschwunden sein. Anfang des Jahres war Stadtförster Rainer Kammann noch davon ausgegangen, dass der Bestand bis Ende 2020 auf zehn Prozent sinken würde – „das muss ich jetzt korrigieren“, sagt er. „Es wird eher nur ein Prozent übrig sein.“ Hauptgrund: „Wir haben seit etwa sechs Wochen wieder einen massiven Borkenkäferbefall.“ Doch auch Trockenheit macht den Bäumen weiter zu schaffen – nicht nur den Fichten. Was dem Stadtförster zusätzlich Sorgen bereitet: Die Rußrindenkrankheit bei Ahornen konnte auch noch nicht eingedämmt werden.

Sturm Friederieke sorgte bereits im Januar 2018 dafür, dass der zuvor 30 Jahre gut gehaltene Fichtenbestand in der Stadt schrumpfte. Dann kam noch der Borkenkäfer dazu. Erst Anfang 2020 musste mal wieder ein von der Stadt beauftragter Unternehmer durch den Wald fahren und vom Borkenkäfer geschwächte Fichten fällen. „Vor Sturm Friederieke hatten wir 12.000 Festmeter Fichte“, sagte Kammann Anfang 2020 und schätzte, dass davon bis Ende des Jahres noch 1200 übrig blieben. Doch schon damals rechnete er damit, dass der Borkenkäfer nach dem Winter nicht einfach weg sein würde: „Der kommt wieder.“

Der Stadtförster und seine Mitarbeiter verteilten rings um noch gesunde Fichten Lockstoff-Fallen. Diese sollen die Borkenkäfer aufhalten – vor allem die Borkenkäfer-Arten Buchdrucker und Kupferstecher seien in Viersen zu finden. „Aber das hat nicht viel genutzt. Wir konnten so die Massenvermehrung nicht stoppen“, sagt Kammann. Nicht nur, weil immer mehr Fichten fehlen, wird in Viersen seit 2019 stark aufgeforstet: Auch Trockenheitsstress und Pilzbefall bei Bäumen haben dafür gesorgt, dass Pflanzen abstarben, die Wälder immer mehr ausdünnten. „Wir haben in den Jahren 2019 und 2020 inzwischen in 40 000 neue Forstpflanzen investiert“, berichtet Kammann. Unter anderem im Wildgehege auf den Süchtelner Höhen, an der Peter-Stern-Allee am Hohen Busch und im geplanten Zukunftswald in Süchteln wird noch gepflanzt.

Pflanzaktionen mit Bürgern mussten abgesagt werden

Eigentlich hatte die Stadt im Frühjahr Pflanzaktionen mit Bürgern vorgesehen, doch die mussten wegen der Corona-Pandemie vorerst in den Herbst verschoben werden. Stattdessen haben Mitarbeiter der städtischen Betriebe in diesem Frühjahr insgesamt 20 000 Jungbäume gepflanzt, darunter Hainbuchen, Linden, Traubeneichen, Esskastanien, Honigbirken, Douglasien und Zedern. Ziel sei, den Wald für den Klimawandel zu wappnen, erläutert der Stadtförster. „Was wir tun können, ist, auf bewährte Baumarten zu setzen und Baumarten zuzumischen, die mit weniger Wasser und hohen Temperaturen klarkommen.“ Den Bäumen im Viersener Wald fehle auch in diesem Jahr viel Wasser: „Der Boden ist dermaßen trocken, die Situation ist nicht wirklich besser als 2019.“ Deshalb habe sein Team bereits zweimal in großen Gießaktionen, wo es nötig war, 20 bis 30 Liter Wasser pro Quadratmeter verteilt.

2020 habe das Pflanzen absolute Priorität, betont Kammann. „Wir versuchen auch, den Fichtenverlust durch reduzierten Holzeinschlag an anderer Stelle auszugleichen“, ergänzt er. Die Durchforstung bei anderen Baumarten sei eine notwendige Pflegemaßnahme, um gesunde Exemplare zu schützen. Weil in diesem Jahr aber weniger Holz geschlagen werde als üblich, hätten Mitarbeiter Kapazitäten frei – deshalb könnten sich die Mitarbeiter nun stärker aufs Pflanzen und Gießen konzentrieren. Den Borkenkäfer aufzuhalten, scheint hingegen aussichtslos. Zuletzt hatten Forstleute aus NRW gemeldet, mittlerweile sei der Käfer auch schon auf andere Baumarten übergesprungen, etwa Douglasien und Kiefern. Immerhin: „Die Feststellung habe ich noch nicht gemacht.“