Umwelt Nur fünf Prozent der Krefelder Bäume sind gesund
Krefeld · Die Zahlen sind alarmierend, Fachleute machen sich Sorgen um den Wald. Im Gegensatz zu anderen Kommunen führt Krefeld eine Sondererhebung durch.
Die Zahlen sind alarmierend: „So wenig gesunde Bäume wie im Jahr 2019 gab es bisher in Krefeld noch nie. Es sind nur noch fünf Prozent“, sagt Stadtförster Jens Poschmann, der den Waldzustandsbericht des Kommunalbetriebes Krefeld (KbK) erstellt hat. „In NRW ist es nicht viel besser, da sind es 19 Prozent.“
Im Gegensatz zu anderen Kommunen führe Krefeld eine Sondererhebung durch, um den Zustand des Waldes zu dokumentieren. Stets werden dabei die Kronen der Bäume begutachtet. „An den Blättern ist die Wasser- und Nährstoffversorgung sowie der Insektenfraß abzulesen. In den vergangenen zwanzig Jahren sind die Bäume ohne Schadensmerkmale von 64 Prozent im Jahr 1999 auf 31 Prozent 2009 auf eben fünf Prozent zehn Jahre später zurückgegangen. Schwache Schadensmerkmale weisen 54 Prozent im vergangenen Jahr auf. 31 waren es 1999 und 59 im Jahr 2009.“ Hier sehe die Zahl zwar nicht ganz so schlecht aus, aber nur, weil viele in die Kategorie mit den deutlichen Schadensmerkmalen gerutscht seien. Hier waren 1999 nur sechs Prozent der Bäume betroffen, zehn waren es 2009 und 41 Prozent 2019.
Zu wenig Wasser, zu viele Menschen im Wald
„Man könnte durchaus sagen: Die Eichen weichen und auch gesunde Buchen muss man suchen“, sagt Poschmann. Beim Blick nach oben fallen die kahlen Äste der Buchen und blattlose Baumkronen besonders bei Eichen auf. „Die Eiche litt in Krefeld mit 75 Prozent mehr als im Landesdurchschnitt, die Buche auf den tiefgründigen Böden des niederrheinischen Tieflandes schlug sich besser als im Landesdurchschnitt.“
Damit habe sich der Trend der beiden Vorjahre verfestigt. „Es gibt bei den älteren untersuchten Eichen keine ohne leichte Kronenverlichtung.“ Bei den Buchen sieht es folgendermaßen aus: „2019 ist der Anteil der gesunden Buchen ohne Kronenverlichtung auf 13 von 19 Prozent ein Jahr zuvor gesunken. Zwar hat sich der Anteil mit deutlich lichterer Krone leicht gesenkt, von 13 zu 11 Prozent, dafür ist der Teil mit schwacher Kronenverlichtung stärker gestiegen: Von 69 auf 76 Prozent in 2019.“
Der Bestand der Buchen sei insgesamt von 19 auf 13 Prozent zurückgegangen. Dies liegt am Niederschlagsdefizit, erklärt Poschmann. Alarmierend sei die Absterbe-Tendenz im Forstwald. Sie ist so hoch, wie seit Jahren nicht mehr. Am besten stehen die Buchen im Stadtwald an der Nordtangente. „Hier könnten die guten Böden Trendsetter für die Buchenfitness sein.“
Nadelbäume seien so gut wie verschwunden. Dabei gehören sie zu einem gesunden Mischwald dazu und dienen den Vögeln im Winter als Schutz. Borkenkäfer lieben Fichten. Also: Keine Fichten, keine Käfer. Für Heinz-Albert Schmitz, Landwirt und umweltpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, sind Wälder Orte für Erholung, Bildung und Naturerlebnis. Manchmal würden diese Orte nicht nur genutzt, sondern übernutzt. So beispielsweise Forstwald. „Auf kleiner Fläche findet zu viel Freizeit statt“, sagt er. „Außerdem leiden die Bäume unter dem Klimawandel und den damit verbundenen lange anhaltenden und extrem warmen Trockenperioden.“
„In Corona-Zeiten, so wurde ermittelt, sind in einigen Gegenden zweieinhalbmal mehr Menschen in die Wälder gegangen. Spaziergänger mit und ohne Hund, Reiter, Radfahrer und Sportler haben dort Freizeit verbracht. Ausgetretene Trampelpfade quer durch das Gelände, die sich hartnäckig halten, sind die Zeichen“, sagt Schmitz. Rehe, Hasen und Waldvögel seien dadurch aus dem Forstwald vertrieben worden. „Der Wald hat sich verändert. Wir müssen uns damit auseinandersetzen.“
Von Krefelds Gesamtfläche von 14 000 Hektar sind etwa 1300 Hektar Wald. Es ist Freizeit- kein Nutzwald. Bestes Beispiel ist der Stadtwald. Derzeit wird auf 15 Hektar aufgeforstet, um den Bestand an Wald zu mehren. Auch in den Hochzeitswäldchen. Als „sehr gelungen“ bewertet der Landwirt die neuen Flächen an Plückertz- und Hückelsmaystraße. Zwar sind die Gehölze noch klein, aber in einem Bereich ist der grüne Bewuchs schon hoch. Es dauere aber 50 bis 100 Jahre, bis aus den Pflanzen ein Wald geworden ist, sagt der Landwirt. Seiner Ansicht nach müssten viel mehr Bereiche aufgeforstet werden. „Im Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt sind zusätzliche Flächen in einer Größe von insgesamt 100 Hektar verzeichnet.“
Über die Tatsache, dass Ausgleichsflächen im genannten Gebiet, Nähe der Plückertzstraße, im FNP als 1,5 Hektar große Aufforstungsfläche ausgewiesen ist, aber als Ackerland genutzt wird, kann er nur den Kopf schütteln. Als erste Maßnahme würde Schmitz das elf Hektar große Kasernen-Gelände in Forstwald, nahe der Bahnstrecke, in Wald verwandeln. „Dort wachsen Birken, Weiden, Pappeln und Ahorn schon von alleine. Die Natur holt sich ihren Bereich zurück. Manches Grün wächst bereits durchs Dach der alten Gebäude.“
Außerdem sieht er es als wichtig an, vorhandene Wälder zu erweitern, mehr Erholungswald zu schaffen; so beispielsweise im Oppumer und Latumer Bruch oder im Henoumontwald. „Das Hülser Bruch wurde bereits gut umgebaut. Zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dort schnell wachsende Pappeln gepflanzt. Sie haben ihr Lebensalter erreicht, sind verschwunden. Es wurde mit Eiche, Sumpfeiche und Erle aufgeforstet. Man muss die Nutzung an den Standort anpassen.“