Feuerwehr: „Wir sind keine Straßenfeger“

Kreisbrandmeister Klaus-Thomas Riedel fordert ein Umdenken in der Gesellschaft. Die Feuerwehr werde für Alles und Jedes gerufen. Das gefährde Leben.

Viersen. Sie kommen, wenn sie gerufen werden. Zu jeder Zeit, aus jedem Grund - 112 gewählt und die Feuerwehr ist zur Stelle. Doch muss sie das? Ist die Feuerwehr wirklich für fast alle Probleme zuständig, wegen derer man sie ruft?

Sie holen die Katze vom Baum, die erst mutig hoch, dann aber zu viel Angst hat, um den Weg alleine wieder auf den sicheren Boden hinab zu finden. Und selbst, wenn bei einem Verkehrsunfall die Personen versorgt und die Unfallwagen abtransportiert sind, ist die Feuerwehr noch zur Stelle, denn sie fegt die Straße und beseitigt die Spuren des Unfalls.

Kreisbrandmeister Klaus-Thomas Riedel (Foto) wählte deutliche Worte. Er hat das Thema im Rahmen der jüngsten Delegiertenversammlung aufgegriffen Stellung bezogen: "Die Feuerwehr ist kein Straßenfeger. Sie muss nicht alles können, nicht alles machen." Für den Berufsfeuerwehrmann ist die Aufgabe seiner Truppe ganz klar definiert. "Wir sind zur Gefahrenabwehr da. Das ist die Aufgabe der Feuerwehr."

Auch wenn dies im Alltagsgeschäft leicht übersehen werde der Job des Feuerwehrmanns ist gefährlich. Jeder Einsatz kann entsetzliche Folgen haben. In diesem Zusammenhang erinnert Riedel an den Tod seines Kameraden Thomas Grumbach aus Tönisvorst, der am 18. Januar im Einsatz tödlich verunglückte. "Es war ein Unglück. Er kam von einem vermeintlich ganz simplen Hilfeleistungseinsatz aufgrund des Sturms Kyrill nicht mehr zurück."

Der Feuerwehrdienst ist gefährlich, weil er unter widrigsten Umständen stattfinde. "Wir wären bescheuert, wenn wir den Tod unseres Freundes Thomas Grumbach nicht zum Anlass nehmen würden, über unser Tun mal ganz generell nachzudenken", so der Kreisbrandmeister. Wofür sei Feuerwehr heute überhaupt da, was kann sie leisten und was muss sie anderen überlassen, um dann auf Posten zu sein, wenn Gefahr für Leib und Leben droht?

Damit meint er das Selbstverständnis, mit dem heute die Feuerwehr "für Alles und Jedes" gerufen werde. Das sei eine gesellschaftliche Entwicklung, so Riedel. Da gebe es die angeblich festgefrorene Ente, die sofort gerettet werden müsse oder den Hund, der im See schwimmt "und im tiefen Wasser doch bestimmt zu ertrinken droht", berichtet Riedel. "Das sind Beispiele für Fälle, in denen unsere Feuerwehrfrauen und -männer ihre Arbeit stehen und liegen lassen mussten, um zu einer vermeintlichen Notlage zu eilen"

Doch es gebe auch ein Problem in den eigenen Reihen. Riedel: "Es sind mitunter die Feuerwehrleute, die nicht ganz sauber gepolt sind. Wir haben uns in eine Situation des immer größer, extremer, dicker, in eine Situation des - wenn alle anderen nicht mehr können, wir können immer - hineinmanövrieren lassen. Bestimmt sogar auch selber hin-einmanövriert. Und wir müssen nun gucken, wie wir da wieder rauskommen."

Bei Einsatzkräften und -technik gebe es Grenzen. Und die sollte man sich vor Augen führen. Wenn solch eine Grenze erreicht wird, sei es keine Schande zu sagen: Nein, es geht nicht. "Denn Rückzug ist eine denkbare Einsatzoption", betonte der Wehr-Chef.

Mutig sei nicht derjenige, der die Grenzen ignoriere, sondern derjenige, der sagt: Es geht nicht mehr. Die einzige Aufgabe der Feuerwehr sei es, akute Gefahrenlagen zu beseitigen. Das sei ein Feuer oder eine eingeklemmte Person bei einem Verkehrsunfall. Sicherlich auch eine Ölspur auf der Straße und ein umstürzender Baum.

Doch es gebe ganz klare Grenzen. Permanent müsse die Feuerwehr Aufgaben übernehmen, die eigentlich nicht zu ihrem Bereich gehörten, so Riedel. "Wo steht etwa, dass die Feuerwehr der Straßenfeger ist? Und es steht auch nirgendwo, dass es unsere Aufgabe ist, Bruchholz in Kaminholz umzuwandeln."