Klara Leiterer ist die Vorsitzende des Vereins Freunde von Kanew und dadurch ständig mit einer Stadt verbunden, die seit drei Jahren im Kriegsgebiet liegt. „Als die ersten Nachrichten vom russischen Angriff auf die Ukraine eintrafen, war für uns sofort klar: Wir müssen handeln – schnell und unbürokratisch“, sagt Leiterer. „Noch am selben Tag nahmen wir Kontakt zu unseren Freundinnen und Freunden in Kanew auf, um zu erfahren, was am dringendsten gebraucht wird.“ Kurz darauf habe man mit der Organisation der ersten Hilfslieferungen begonnen: Medikamente, Lebensmittel, Hygienematerial – alles, was in der akuten Notsituation benötigt wurde. Dass alles so schnell gehen konnte, lag aber nicht nur am Engagement des Vereins, das stellt Leiterer klar heraus: „Möglich war all das nur dank der unglaublich großen Unterstützung der Menschen in unserer Stadt. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Viersen waren überwältigend – innerhalb weniger Tage konnten erste Transporte auf den Weg gebracht werden.“
Neben dem allgegenwärtigen Wunsch nach Frieden seien es auch weiterhin vor allem konkrete Dinge wie medizinische Hilfsmittel, haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, aber auch psychologische Unterstützung, insbesondere für Kinder, ältere Menschen und Kriegsversehrte, die die Menschen in Kanew dringend benötigen. Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht die Notlage vor Ort. „Nach einer dringenden Anfrage des Bürgermeisters von Kanew, Igor Renkas, haben wir mit der Sanierung und Erweiterung der städtischen Leichenhalle in Kanew begonnen.“ Aufgrund der durch den Krieg bedingten Todesfälle reichte die Kapazität der Kühlräume nicht mehr aus, zudem waren die vorhandenen Kühlzellen in einem schlechten Zustand. Der Verein unterstützt nun dabei, einen würdigeren Ort für Verstorbene und ihre Angehörigen zu schaffen.
Die Freunde von Kanew stehen in engem Austausch mit den Vereinsmitgliedern vor Ort. „Regelmäßiger Kontakt ist wichtig – nicht nur zur Koordination der Hilfe, sondern auch als Zeichen: Ihr seid nicht allein.“ Vor wenigen Tagen erhielt Leiterer eine Nachricht von Walentina Grebenjuk, die sich in Kanew um die Vereinsangelegenheiten kümmert: „Nächtliche Angriffe mit Shahed-Drohnen und ballistischen Raketen erschöpfen die Menschen. Sie leiden unter Schlafmangel und psychischer Belastung. Inzwischen erfolgen die Angriffe nicht nur nachts, sondern auch am Morgen. Schulkinder und Kindergartenkinder laufen ständig in die Schutzräume. Das ist die Hölle, kein Leben. Mit jedem Tag wird es psychisch schwerer. In der Stadt arbeiten überwiegend Frauen, die Männer sind an der Front. Daher braucht die Stadt jetzt mehr technische Ausrüstung für die Versorgung. Doch trotz des Krieges geht das Leben weiter. Es gibt Familien, die aus Europa zurück nach Hause kommen.“