Jugendgewalt: Schloss Dilborn - Erste Adresse für schwierige Kinder

Schloss Dilborn setzt auf Stärkung des Selbstbewusstseins und Bildung. Drill wie in Boot-Camps gehört nicht zur Pädagogik.

Brüggen. Die Frage geistert durch die Medien und über die Stammtische: Wie soll staatliche Erziehung aussehen, wenn die im Elternhaus nicht mehr greift? Boot-Camp oder Kuschel-Pädagogik?

In Schloss Dilborn wird bei diesem Thema das Rad nicht jeden Tag neu erfunden - seit über 50 Jahren ist man dort als Einrichtung der Jugendhilfe aktiv. Im Bereich zwischen Aachen und Ruhrgebiet wird "Schloss Dilborn - Die Jugendhilfe" als erste Adresse genannt, wenn es darum geht, "schwierige" Kinder oder Jugendliche, die vielleicht schon mehrere Hilfsangebote abgebrochen haben, zu betreuen.

In allen Gruppen der Jugendhilfe, nicht nur am Stammhaus im Wald bei Brüggen, sondern auch in Mönchengladbach und im Kreis Kleve, werden zurzeit rund 140 Kinder und Jugendliche betreut. 180 Menschen sind dafür verantwortlich. "Da sind Verwaltungskräfte mitgerechnet, tatsächlich ist es im Durchschnitt eine Eins-zu-Eins-Betreuung, die wir bieten", erklärt Einrichtungsleiter Guido Royé.

Viele Elemente sind wie in einer normalen Familie: Die meisten haben ein eigenes Zimmer, jede Gruppe verfügt über Gemeinschaftsräume, eine Küche. Viele gehen zum Sport in die Vereine ringsum, einige haben Musikunterricht - jeder nach seinem Talent, das Royé und seine Mitarbeiter fördern wollen.

Sie besuchen die Schulen in der Umgebung. Aber in den Intensivgruppen ist ihr Tagesablauf viel stärker strukturiert und reglementiert als es in den meisten Familien der Fall sein würde. Bildung und Vorbereitung auf den Beruf sind wichtig, werden in einem speziellen Programm gefördert.

Wer sich nicht kontrollieren kann und immer wieder aus dem Rahmen fällt, erhält ein spezielles Anti-Aggressionstraining bei ausgebildeten Trainern. Dieses Angebot steht auch den Jugendämtern zur Verfügung: Sie können auch Jugendliche ohne stationäre Unterbringung zu diesem Training schicken. Dazu gibt es Freizeit- und Erlebnispädagogik - zum Beispiel im eigenen Hochseilgarten. "Hier kann man Selbstvertrauen und Gemeinschaftssinn trainieren", sagt Royé.

Trotz aller Struktur und aller Regeln will Royé, dass eins nie vergessen wird: "Wir wollen die Würde der Menschen achten, die Jugendlichen wertschätzen, sie aufbauen und für ihre Zukunft befähigen."

Hier sieht er den zentralen Unterschied zu den "Camps". "Drill gehört nicht in die Pädagogik", sagt er. Innerhalb der festen Strukturen könnten diese Camps möglicherweise funktionieren, aber sobald die Rückführung in die Gesellschaft anstehe, werde es problematisch, weil viele der Jugendlichen dann nicht mehr bestehen könnten. "Es fehlt ihnen das Selbstbewusstsein, niemand hat sie gestärkt." Der Rückfall sei fast vorprogrammiert.

Die Arbeit, wie sie in Dilborn geleistet wird, habe ihren Preis: Nicht nur, dass auf einen Jugendlichen ein Pädagoge kommt, es sind auch die "teureren" ihrer Art. "In den Intensivgruppen kann man kaum mit Berufsanfängern arbeiten, da gehört schon eine Menge Erfahrung zu."