Stärke von 2,8 auf der Richter-Skala Erdbeben im Kreis Viersen registriert
Kreis Viersen · Ein Erdbeben war am Sonntag gegen 23.27 Uhr in Teilen des Kreises Viersen zu spüren. Das Epizentrum mit einer Tiefe von 12,9 Kilometern lag zwischen Brüggen und Niederkrüchten-Overhetfeld. Es war eines der stärksten Beben bisher.
(busch-/bigi) Doris Classen hat am Sonntag kurz vor Mitternacht entspannt gelesen, als sie eine Erschütterung spürte. „Das war Zufall. Hätte ich geschlafen, wäre ich wohl nicht davon wach geworden“, schildert die Rentnerin aus Brüggen. Doch sie war sich sicher: Das ist nicht etwa Einbruchsversuch, das ist ein Erdbeben.
Wenn auch von der Stärke her kaum zu vergleichen mit den Erschütterungen, die Classen am 13. April 1992 miterlebt hat. Damals bebte im niederländischen Roermond die Erde so stark, dass mehr als 30 Menschen verletzt wurden sowie zahlreiche Gebäude in den Niederlanden und in Deutschland beschädigt wurden. Classen, die damals noch in Niederkrüchte-Elmpt wohnte, erinnert sich: „Damals wackelte das Haus, alle Nachbarn liefen auf die Straße.“ Jetzt kam sie mit einem Schrecken davon, tauschte sich über das Beben in sozialen Netzwerken mit Bekannten aus – und las weiter.
Ein Erdbeben der Stärke 2,9 (Richter-Skala) hat am Sonntag gegen 23.27 Uhr Teile der Kreise Viersen und Heinsberg erschüttert, zu spüren war es bis in den Westen von Mönchengladbach. Nach Auskunft von Brüggens Bürgermeister Frank Gellen (CDU) am Montagmorgen gab es keine Verletzten, auch Gebäude in Brüggen wurden nicht zerstört. Mit Zerstörungen sei nach Einschätzungen des Geologischen Dienstes NRW bei einem Beben dieser Stärke auch nicht zu rechnen. Die Gemeinde Brüggen hat, so Frank Gellen, erst am Morgen durch Hinweise aus den sozialen Netzwerken von dem Beben erfahren und sich daraufhin mit der Erdbebenstation Bensberg in Verbindung gesetzt. Bisher habe es 15 Meldungen zu dem Beben gegeben. In der ebenfalls betroffenen Nachbargemeinde Niederkrüchten sind laut deren Sprecher Frank Grusen keine Schäden bekannt, es habe auch keine Anfragen aus der Bevölkerung an die Gemeindeverwaltung gegeben, erklärte Grusen am Montagmittag.
Das Epizentrum mit einer Tiefe von 12,9 Kilometern lag zwischen Brüggen und Niederkrüchten-Overhetfeld, teilt die Erdbebenstation Bensberg der Universität zu Köln mit. Nach Angaben des Geologischen Dienstes ist es das stärkste Erdbeben in NRW und eines der nördlichsten am Niederrhein seit Aufzeichnungsbeginn. Im Jahr 2021 hatte in Aachen die Erde mit einer Stärke von 2,9 auf der nach oben offenen Richter-Skala gebebt. Dies gilt als extrem leicht. Auch Frank Gellen erinnert sich noch gut an das Beben in Roermond 1992, dies sei bis Brüggen-Bracht deutlich spürbar gewesen. Dieses Beben war das stärkste in der Region seit dem Dürener Beben von 1756. Erschütterungen des Bebens am Sonntag waren in bis zu 20 Kilometer Entfernung zu spüren und umfassten auch die Städte Viersen, Kempen, Mönchengladbach und Erkelenz. In den Niederlanden waren Roermond und Venlo betroffen.
In größerer Distanz war das Beben vor allem durch das Grollen wahrnehmbar. Zunächst habe es heftig gerumst, danach grummelte es und in den Häusern der Region sei ein Zittern zu spüren gewesen, teilen Menschen in den sozialen Medien mit. Viele hätten sich erschrocken oder hätten zunächst an eine Detonation von einer Geldautomaten-Sprengung gedacht. „Das Haus und der Kleiderschrank haben vibriert, als wenn etwas neben dem Haus eingeschlagen sei“, so eine Meldung aus Brüggen. In Schwalmtal und Nettetal war das Beben ebenfalls zu spüren. Zeugen berichten von schwachen Erschütterungen, einem lauten Grollen und klirrenden Gläsern im Schrank. Die Wahrnehmungen gingen bis nach Wegberg: „Ich habe ein dumpfes Geräusch wahrgenommen, dachte, mein Sohn wäre vielleicht aus dem Bett gefallen.“
Warum der Niederrhein seismisch aktiv ist: „Im Rheinland werden die Schollen auseinandergezogen. Hier sind auch stärkere Beben jederzeit möglich“, so der Sprecher der Erdbebenstation Bensberg. Spürbare Erdbeben so weit nördlich sind aber relativ selten. Die Linie Mönchengladbach - Roermond bilde in etwa die nördliche Grenze der aktivsten Erdbebenzone am Niederrhein – zumindest für NRW. Südlich davon, zwischen Aachen und Köln, würden oft spürbare Erdbeben aufgezeichnet. Das liege daran, dass die größten und aktuell aktivsten Störungen im Niederrheingraben von Aachen und Düren nach Nordwesten verlaufen sowie auf Höhe Mönchengladbach in den Niederlande liegen. Auf deutscher Seite seien Erdbeben seltener. Rund um Mönchengladbach sind sie weitestgehend auf das Gebiet Brüggen/Niederkrüchten beschränkt. Die Erdbebenstation Bensberg bittet, bei einem Erdbeben das Formular auf der Seite www.seismo.uni-koeln.de/makro/mailformular.htm auszufüllen. „Die Angaben der Bevölkerung sind für uns wichtig, da wir dann eingrenzen können, wann und bis wo ein Beben zu spüren war“, so die Station. Auch die Gemeinde Brüggen bittet die Einwohner um Hinweise.