Neunjähriger Enkel starb bei Suizidversuch
Seit Mittwoch muss sich eine 55-jährige Viersenerin vor Gericht verantworten. Sie überlebte mit schweren Verbrennungen.
Viersen. Der Fall schockierte die ganze Stadt. Am 9. Februar, als die meisten Leute in Viersen den Karnevalssamstag feierten, fuhr Ursula W. (55) mit ihrem neunjährigen Enkel Samy und dem gemeinsamen Hund auf einen Parkplatz der Gesamtschule an der Rahserstraße.
Sie setzte sich zusammen mit dem Jungen auf die Rückbank und goss Nitro- und Universalverdünner auf sich und ihren Enkel sowie auf die Fußmatten des Autos, das sie zuvor sorgsam verschlossen hatte. Sie wollte gemeinsam mit dem Kind, das bei ihr und ihrem Ehemann lebte und das sie großzog, aus dem Leben scheiden.
Das Auto fing schnell Feuer, der Junge erlitt Brandverletzungen im Gesicht, an den Oberschenkeln und an den Händen. Außerdem zog er sich eine Rauchgasvergiftung zu. Auch Ursula W. selbst wurde schwer verletzt.
Passanten entdeckten das brennende Fahrzeug und alarmierten die Rettungskräfte. Die holten Großmutter, Enkel und Hund aus dem Auto. Ursula W. und Samy mussten mit Hubschraubern in Spezialkliniken geflogen werden.
Bis zum 14. Februar kämpfte der Junge in der Klinik um sein Leben, dann erlag er seinen schweren Verletzungen. Ursula W. erholte sich von ihren Wunden und wurde Anfang März in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Am Mittwoch hat nun der Prozess gegen die Viersenerin vor dem Mönchengladbacher Landgericht begonnen. Heimtückischen Mord und Brandstiftung mit Todesfolge wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor. Ihr Enkel sei arg- und wehrlos gewesen, habe nicht ahnen können, dass seine Großmutter ihn töten wollte. Das höchstmögliche Strafmaß für diesen bedrückenden Fall ist lebenslänglich.
Am Mittwoch wurde im Gerichtssaal zunächst nur die Anklageschrift verlesen. Die Viersenerin wurde vor Gericht von Klinikmitarbeitern betreut, erklärte auf Nachfrage des Richters, dass sie auch jetzt noch unter Medikamenteneinfluss stehe.
Ob sie zu den Vorwürfen aussagen wird, soll sich am nächsten Prozesstag am 18. September zeigen.
Dreh- und Angelpunkt des Prozesses wird wohl das psychologische Gutachten werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen soll die Frau zum Zeitpunkt der Tat unter einer schweren depressiven Episode gelitten haben.
Deshalb muss geprüft werden, ob sie überhaupt für die Tat verantwortlich ist, ob sie eingeschränkt oder voll schuldfähig ist. Je nachdem wie das Gutachten ausfällt, ist es auch möglich, dass die Viersenerin vom Gericht in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird.
„Aber der entsprechende Paragraf setzt voraus, dass die Tat nicht nur im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen wird, sondern dass auch weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten von der Person zu erwarten sind“, erklärte am Mittwoch ein Gerichtssprecher. Bisher sei die Frau aber vollkommen unbescholten gewesen, habe nicht zu Gewalt geneigt.
Ein Urteil wird Mitte Oktober erwartet.