Schwester Blecilla mag Kappes und Karneval

Seit vier Jahrzehnten lebt die gebürtige Inderin am Niederrhein. In Dülken ist sie als Pflegedienstleiterin tätig.

Viersen. Rund 7500 Kilometer Luftlinie trennen die 60-jährige Ordensschwester Blecilla von ihrer 85-jährigen Mutter. Dennoch sehen sich die beiden Frauen häufiger, als man vermuten würde. „Wir sprechen regelmäßig über Skype“, sagt Schwester Blecilla. Bei diesem kostenlosen Telefonieren via Internet ist eine Videoübertragung möglich. Während sie Neuigkeiten austauschen, sitzt die Ordensfrau im Viersener Ortsteil Dülken und ihre Mutter in Indien.

Am 14. September 1973, also vor fast genau 40 Jahren, kam die damals 20-Jährige aus dem tropisch-heißen Mangalore im südlichen Teil des Subkontinents an den Niederrhein. Sie und vier weitere Frauen der „Sisters of the Little Flower of Bethany“ seien mit „offenen Armen aufgenommen wurden“, erinnert sich die Pflegedienstleiterin im Seniorenhaus St. Cornelius.

Allerdings sei ihr damals vieles fremd vorgekommen. „Zur Begrüßung gab es Kirschkuchen, und ich war erstaunt, dass der Kuchen so sauer schmeckte.“ Als dann jemand meinte, sie sollte Sahne dazu essen, befürchtete sie zuerst, „die wäre auch sauer“. Verwundert war sie auch über die Bäume, die ihre Blätter verloren, und die immer kürzer werdende Tage. „Ich dachte nur, hoffentlich ist das nicht immer so.“

Ihre Aufgabe bestand zunächst aus Altenpflege im Marienheim der damaligen Pfarrei St. Cornelius. In Süchteln wurde sie später zur Krankenschwester ausgebildet. Um die Sprache zu lernen, bekam sie Deutschunterricht. Einer der ersten Sätze, die sie konnte, war: „Guten Morgen, haben Sie gut geschlafen?“ Seit 1994 verantwortet sie den Pflegedienst des Seniorenhauses und versucht, neben der Schreibtischarbeit auch die Seelsorge nicht zu kurz kommen zu lassen.

Die Verwaltungsleiterin des Hauses, Martina Oosterkamp, ist voll des Lobes: „Für die Atmosphäre in unserem Haus sind die Schwestern sehr wertvoll. Das Mitmenschliche wird durch sie sehr gelebt, und sie haben immer ein offenes Ohr.“ Aktuell sind insgesamt sechs Frauen in Ordenskleidung in der Dülkener Einrichtung tätig.

Während die vier Mitschwestern, die in den 70er Jahren mit Blecilla begannen, inzwischen neue Aufgaben in anderen Ländern übernommen haben, ist sie längst am Niederrhein heimisch geworden. Sogar Kappes kommt ihr auf den Teller: „Ich esse Sauerkraut inzwischen sehr gerne“, sagt sie und lacht. Auch rheinische Bräuche wie Karneval oder Sankt Martin seien ihr ans Herz gewachsen.

Dennoch ist sie froh, wenn sie mal wieder in die Heimat fliegen kann. Inzwischen sei das — „Gott sei Dank“ — alle drei Jahre möglich, statt nur alle fünf Jahre wie früher. In Indien besucht sie dann ihre Mutter und ihre acht Geschwister.

Ob sie noch länger in Dülken sein oder irgendwann an einem anderen Ort der Welt leben wird, kann sie nicht sagen: „Das wissen wir Ordensschwestern nicht. Wir gehen dahin, wo wir gebraucht werden.“