Viersen fürchtet um Kaiser’s-Jobs

Tengelmann will das Supermarktgeschäft aufgeben. Edeka möchte die Sparte übernehmen.

Foto: Busch sen.

Viersen. Die Unternehmensgruppe Tengelmann trennt sich von ihrem Supermarktgeschäft. Sie will ihre Tochter Kaiser’s Tengelmann mit dazu gehörenden Tochtergesellschaften zum 30. Juni 2015 an Edeka abgeben. Beide Unternehmen haben vereinbart, über Vertragsinhalte Stillschweigen zu bewahren. Das Geschäft muss allerdings noch kartellrechtliche Hürden nehmen.

Die Nachricht löste am Dienstag in Viersen einen Schock aus. „Ich bin entsetzt“, sagte Fritz Meies. Er sorge sich um die verbliebenen Arbeitsplätze in Viersen. Der CDU-Politiker, der viele Jahre den Wirtschaftsförderungsausschuss lenkte, fürchtet, dass Edeka durch Umstrukturierungen den Standort auflösen könnte. Schon jetzt stehen Teile des einstigen Kaiser’s Areals am Lichtenberg/Ernst-Moritz-Arndt-Straße leer. Man müsse jetzt das Gespräch mit Edeka suchen, meint er.

Das wird die Stadt auch versuchen. Für den in Urlaub weilenden Bürgermeister äußerte sich Kämmerer Norbert Dahmen. „Es hat keinen Sinn zu spekulieren. Wir müssen beobachten, wie sich das beabsichtigte Geschäft entwickelt“, sagte er. Ziel der Stadt sei es, die zentrale Nahversorgung zu sichern, die Arbeitsplätze zu bewahren und die Entwicklungspotenziale auf dem Gelände zu ergründen.

Karl-Erivan Haub, Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Tengelmann, sieht „leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen. Mit einem Marktanteil von 0,6 Prozent sind wir zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben“, erklärte er.

Die Familie Haub hatte zuletzt immer wieder Verluste ausgeglichen, gleichzeitig aber den schleichenden Abbau auch nicht verhindert. Im Sommer waren in der Region 27 Filialen von Kaiser’s wegen fehlender Rentabilität aufgegeben worden. Das abnehmende Volumen ließ den Wettbewerbsanteil sinken. „Wir haben Produktmengen in einem Jahr verkauft, die Wettbewerber in einer Woche umsetzen“, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter.

Der Niedergang war in Viersen länger zu verfolgen. Die Ligneus GmbH (Inneneinrichtung, Ladenbau) zog um in ein hochmodernes neues Werk in Ottendorf. Die Verwaltung zog 2010 mit rund 400 Mitarbeitern in die Tengelmann-Zentrale nach Mülheim/Ruhr. Heute befinden sich noch die Logistik mit mehr als 200 Mitarbeitern sowie die Fachmetzgerei Birkenhof GmbH in der Stadt.

Tengelmann will mit der Kaiser’s Tengelmann GmbH die Tochtergesellschaften Bringmeister GmbH (Lebensmittel-Lieferservice in Berlin und München), Birkenhof (Viersen, Donauwörth, Berlin), Ligneus (Ottendorf) und die Tengelmann E-Stores GmbH mit den Online-Händlern Plus.de und Garten XXL an Edeka abgeben. Tengelmann behält Ketten wie Obi oder KiK. Zum Konzern gehören eine Immobiliengesellschaft (TREI), Beteiligungsgesellschaften und Tengelmann Ventures, das in Start-up-Unternehmen investiert.

Insider erwarten ein „anstrengendes Kartellverfahren“. Die Konzentration im Lebensmittelhandel gilt wettbewerbsrechtlich als schwierig. Edeka hat auch ganz andere Strukturen: Rund 4500 selbstständige Kaufleute bilden die Basis, es gibt regionale Genossenschaften, die die Anteile der Zentrale halten.