Viersen. Noch zeigt sich die Niers, angefangen von der Brücke in Clörath weiter Richtung Süchteln, wie man es seit Jahrzehnten gewohnt ist: Hohe Schwarzpappeln stehen entlang der Wege, spenden im Sommer Schatten und machen den Spaziergang am Fluss zu etwas Besonderem.
Fällt der Blick von der Brücke dagegen in Richtung Neersen, so fehlt dieser gewohnte Anblick: Statt mächtiger, über die Jahre gewachsener Bäume stehen hier Holzgerüste mit kleinen Neuanpflanzungen.
Während auf der Willicher Seite der Niers schon von "Verlust von Heimat" die Rede ist, können sich die Viersener noch an ihren Bäumen erfreuen. Aber nicht mehr lange. Von der Brücke bis zur Pumpstation und vom Raderweg bis zur St. Töniser Straße sollen rund 70 Pappeln gefällt werden.
Lediglich die Reihe von der Pumpstation bis zum Raderweg soll laut Viersens Stadtförster Rainer Kammann stehen bleiben. "Bei den Baumkontrollen verzeichnen wir zunehmend mehr Totholz, und der Arbeitsaufwand ist nicht mehr zu bewältigen. Die Bäume sind in einer Absterbephase. Dazu haben sie Baumkrebs (eine Pilzinfektion, Anm. d. Red.)", berichtet Kammann.
Das sehen Naturschützer vom BUND allerdings nicht so. Bei Begehungen konnten Horst Meister und Almut Grytzmann-Meister, Geschäftführer und Erste Vorsitzende des BUND NRW Kreis und Stadt Viersen, nach eigener Aussage keinen Baumkrebs feststellen.
Zudem erstaunt es sie, dass ganze Reihen angeblich krank sein sollen und eine Reihe zwischendrin vorerst stehen bleiben darf. "Dass jedes Jahr eine bestimmte Menge Holz eingeschlagen wird, ist bekannt.
Uns aber kommt es so vor, als ging hier jemand rigoros gegen die Pappeln vor. Es ist die Einseitigkeit, die wir der Stadt Viersen ankreiden", sagt Grytzmann-Meister.
So sollten bereits im vergangenen Jahr 36 angeblich kranke Pappeln an der Clörather Mühle gefällt werden. Dies konnte der BUND allerdings über die Kreisbehörde verhindern. Es erscheint dem BUND so, als wäre es der Stadt zu teuer, eine ordnungsgemäße Pflege zu betreiben.
Das soll auch im Hormesfeld der Fall sein. Hier soll eine Pappelreihe entlang des Dorfer Baches gefällt werden. Auf einem Gelände, von dem die Stadt gar nicht wusste, dass es ihr gehört.
"Wir waren der Auffassung, es wäre das Eigentum des Wasser- und Bodenverbandes. Als uns ein im Hormesfeld ansässige Autohaus auf die Pappeln aufmerksam machte, stellten wir fest, dass es unsere Pappeln sind", gibt Kammann zu.
Für weitere Pflege seien die Bäume jetzt zu groß geworden, man käme nicht mehr an sie ’ran - sie müssten daher gefällt werden.
"Pappeln sind am Niederrhein landschaftsprägend", sagt Grytzmann-Meister. "Sie gehören zu Kulturlandschaft. Krank sind sie auch nicht, sonst hätten sie nicht Kyrill und weitere Stürme überstanden. Woran sie jetzt scheitern ist allein die Stadt Viersen."