Die Predigt hielt Ulrich Parzany aus Kassel, ein prominenter evangelischer Theologe, Autor und ehemaliger CVJM-Generalsekretär. Er sprach voller Leidenschaft und mit einiger Wut im Bauch. Was er vor allem beklagte und kritisierte: "Westeuropa ist der einzige Teil der Erde, wo die Zahl der Christen stagniert, nicht zunimmt." Was ihn auf die Palme bringt: Dass in Deutschland, "diesem satten, reichen Land" so viel gejammert wird, obwohl es dort rund "eine Million Berufschristen" in den beiden Kirchen mit Diakonie und Caritas gebe.

Am Reformationstag 1910 war der Backsteinbau nach nur knapp neunmonatiger Bauzeit mit einem Gottesdienst eröffnet worden. Eine Ausstellung, die bis Sonntag zu sehen war, lässt die zehn Jahrzehnte wieder lebendig werden. Bürgermeister Josef Heyes erinnerte in seiner Ansprache daran, dass alles mit dem Königlichen Gefängnis begonnen habe. Es sei den Anrathern damals wirtschaftlich schlecht gegangen. Das Gefängnis brachte den Aufschwung und erstmals eine nennenswerte Zahl von evangelischen Christen in den Ort. Karl Echternach aus dem Hunsrück stand seit 1904 zunächst den Gefangenen und dem Personal als Pfarrer zur Verfügung - später übernahm er auch die Rolle des Gemeindepfarrers.

Vor genau 105 Jahren, ebenfalls am Reformationstag, hatte er den ersten Gottesdienst abgehalten - damals noch in einem gemieteten Raum eines Hauses an der Jakob-Krebs-Straße.

Hannelore Loos vom Kreissynodalvorstand kam in Vertretung von Superintendent Burkhard Kamphausen. Sie richtete ihren Blick in die Zukunft, wünscht ein reges Gemeindeleben für die kommenden 100 Jahre. Der katholische Pfarrer Markus Poltermann erinnerte an das Jahr der beiden großen Jubiläen - Anrath wird 1000 Jahre, die evangelische Kirche 100 Jahre alt.