Anrath: Denkmäler und Bausünden

Historische Gebäude: Über wertvolle und erhaltenswerte Substanz informierte eine Fachfrau im Lise-Meitner-Gymnasium.

Anrath. In Anrath ist die wechselvolle Geschichte an 70 Denkmälern ablesbar. Julia Kollosche-Baumann vom Amt für Denkmalpflege ging jetzt in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums auf Einladung des Bürgervereins Anrath auf jedes einzelne Denkmal ein.

Professor Kleeschulte hat im Rheinland rund 40 Kirchen geplant, darunter auch die Pfarrkirche St. Johannes im neugotischen Stil. Sie datiert von 1897, die Bauzeit betrug lediglich anderthalb Jahre. "Das Leutnantshaus direkt neben der Kirche ist wohl früher als Lagergebäude oder Kaufmannshaus genutzt worden", erklärte die Referentin. Dieses Haus ist auch ein Musterbeispiel dafür, dass der Denkmalschutz versucht, Erhaltung und wirtschaftliche Nutzung in Einklang zu bringen: Das Gebäude wird von der Volksbank genutzt.

Das ehemalige Judenhaus, Kirchplatz 4 bis 6, stammt aus dem zu Ende gehenden 18. Jahrhundert. Ebenso wie andere alte Gebäude wurde es nachträglich mit einer Schmuckfassade versehen - Ausdruck von sich verändernden Repräsentationsansprüchen.

Ein weiteres kleines Juwel mitten in Anrath: Die Villa des früheren Kaffeerösters Emil Lücker an der Viersener Straße 26 mit ihren Ovalerkern und vielen erhaltenen Details, etwa dem Wintergarten mit den ursprünglichen Fliesen und der prächtigen Holztreppe. Entworfen wurde das Haus von den renommierten Krefelder Architekten Girmes und Oedinger.

Der Rhein als Zollgrenze belebte in der Franzosenzeit die Wirtschaft in Anrath. Durch die Profanisierung wurden damals jedoch zahlreiche Denkmäler zerstört.

Dass Denkmalschutz nicht immer wie gewünscht durchgesetzt werden kann, wird am Beispiel des ehemaligen königlich-preußischen Gefängnisses deutlich. Es brachte nach dem verheerenden Wirbelsturm 1891 den ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung nach Anrath und wurde als nahezu autarke, siedlungsähnliche Anlage errichtet. Julia Kollosche-Baumann beklagte, dass die zum Teil sehr hochwertig ausgestatteten und gut erhaltenen Beamtenhäuser abgerissen wurden.

Das Rathaus von 1904 steht dagegen noch - es wurde an der Stelle errichtet, wo früher das Krankenhaus gestanden hat. Das wurde 1904 mit Hilfe einer Finanzspritze von Lorenz Schmitz an der Neersener Straße errichtet. Alle Achtung: Kreisbauinspektor Hartung aus Saarbrücken brauchte gerade mal ein halbes Jahr, um vor 100 Jahren die evangelische Kirche zu errichten. Die Referentin ging auch auf die prächtigen Landsitze wie Haus Stockum, Bauernhöfe wie den Flöthhof, der sogar den Dreißigjährigen Krieg überstanden hatte, sowie auf die Kapellen ein.