St. Tönis: Folgen von Alkohol und Nikotin
Vorbeugung: Fünf Installationen zum Thema Sucht und Drogen sind in der Hauptschule zu sehen.
St. Tönis. Als Dieter Kessler die drei Schaumstoffbälle in seiner Hand aufeinanderquetscht, den Roten, der den Vater symbolisiert, den Grünen, der für die Mutter steht, und den kleinen Orangefarbenen als Kind dazwischen, da schnürt sich einem die Kehle zu. Im Forum der Hauptschule Kirchenfeld senken viele der 52 Neuntklässler die Augen, die Arme sind vor der Brust verschränkt. Niemand macht Witze.
Kessler ist Suchtberater. Er stellt den Schülern fünf Installationen über Alkohol-, Nikotin- und Drogensucht vor, die junge suchtbetroffene Menschen vor sieben Jahren gebaut haben. "Damit ihr, ja ihr, diesen Weg in die Sucht nicht nehmt", sagt Kessler.
Als er den kleinen Ball zerdrückt, der seine runde Form verliert, ist die Familienidylle von Heinrich, Maria und Sohn Michael zerbrochen. Der Vater ist ein Trinker, der Job und Achtung verloren hat und die Mutter halbtot schlägt. Sie hat lange geschwiegen. Hat den Kasten Bier parat gestellt, statt ihrem Mann ins Gewissen zu reden. Selbst im Krankenhaus, windelweich geprügelt, lügt sie das Alkoholproblem ihres Mannes weg.
Michaels Flucht ist kein Ausweg, sondern Sackgasse. Mit 14 Jahren ist er Heroin-abhängig. "Leute, da geht die Post ab, so kann keiner leben," sagt Kessler und betont, dass er keine erfundenen Geschichten erzählt. Fünf Prozent der Menschen seien suchtkrank, sagt Kessler. Seine Frau arbeite als Ärztin auf einer neurologischen Station.
Nach der Love-Parade in Essen hatte sie einen 19-Jährigen betreut, der einen Schlaganfall erlitten hatte. Folge von zu viel Alkohol in Verbindung mit Medikamenten. Und Kessler erzählt von dem 22-Jährigen, dessen Kleinhirn sich nach diesem "Spaß" verabschiedet hatte - "für den Rest seines Lebens sitzt er im Rollstuhl".
Während die Schüler das hören, schauen sie auf die Installation, auf leere Schnapsflaschen, auf ein Fixer-Besteck auf einem Toilettendeckel, auf Röhren voller Zigaretten-Kippen. In der Pause bleiben einige Schüler nachdenklich sitzen. Ein Mädchen gruselt sich vor dem Raucherbein. Sie ist erst 14 und raucht schon seit zwei Jahren. Was hatte Kessler gesagt? "Ich möchte, dass ihr anfangt, über euch nachzudenken."