Anrath: Dornröschen und Love-Parade
In Anrath feierten Tausende den närrischen Lindwurm, der sich durch den Ort schlängelte.
Anrath. Leise rieselt der Schnee. Aber die Anrather Narren lassen sich davon nicht beirren. "Ich sehe keinen Schnee", sagt Dagmar Faßbender. Sie hat als zweite Vorsitzende der Aach Blenge den Zug organisiert und hoffte bis zuletzt auf besseres Wetter. "Auf unseren Kostümen sieht man ihn nicht", sagt sie, und weist auf die Schar der Aach Blenge, die einem Märchen aus 1000 und einer Nacht entstiegen sind. "Die Kostüme strahlen gelb wie die Sonne."
Pünktlich um 13.11 Uhr setzen Zugleiter Klaus Büdenhölzer und Markus Herold ihr Gefährt in Gang. 52 Wagen sind es diesmal, die sich durch den Ort schlängeln, ein Viertel mehr als sonst. "Zum Jubiläum haben wir mehr Anmeldungen gehabt als sonst", sagt Faßbender.
Direkt hinter der Zugleitung kommen die Torfmöpse, die einen vielköpfigen bunten Drachen auftreten lassen. Sie werden gefolgt von den Kehner Junggesellen mit Nebelmaschine und einer Mords-Anlage. "Wie bei der Love-Parade", klingt es vom Straßenrand. Und das, obwohl sie standesgemäß als Gärtner verkleidet sind und Röschen-Töpfchen verteilen.
Auffällig viele Gruppen nehmen Bezug auf das diesjährige Motto: "Anroath woar als irschte doa, drum fiere mir och 1000 Joahr." Wegen der Feier ist die Stadtverwaltung zum ersten Mal dabei: "Nix op Sack - äver op Zack", nimmt sie für sich in Anspruch. Und Josef Heyes hüllt sich als armer Sack in einen solchen aus Jute.
Die KAB thematisiert das Weberdorf, indem sie sich in die typische Webertracht mit den roten Tüchern um den Hals hüllt. Den absoluten Höhepunkt in dieser Hinsicht bilden die Anrather Pappköpp. Auch sie tragen Holz-Webrahmen auf dem Rücken, in die sie Stoffstreifen eingezogen haben.
Als Riesen-Gruppe sind die Fukki-Biker wieder dabei und haben sich als Piraten verkleidet und haben Zweiräder mit eingebaut. Ihr Bagagewagen wird von einem zwei Fahrrädern gezogen. Der Freundeskreis Anrath hat sich als Rattenfänger mit einer Riesenschar der grauen Nagetiere auf den Weg gemacht.
Der Anrather Tischtennis-Klub verschreibt sich dem Pokerspiel. Die Clique tritt überzeugend als der typische gelb-schwarze Alleskleber-Tuben auf. Die Saunafreunde frönen der Anrather Dekadenz in Rokoko-Kostümen mit stilechten weißen Perücken. Die Allenvampire greifen Motive aus Dornröschen auf, inklusive Spindeln, Rosen und verzauberter Fräulein.
Mit den Unzulänglichkeiten des Karnevals setzen sich die Spaßbacken auseinander. Mit "Anrath hat kein Prinzenpaar, doch Könige sind trotzdem da", thematisieren sie das fehlende Narrenoberhaupt. Der Thron auf ihrem Wagen bleibt leer, doch sie selbst tragen rote Samt-Umhänge und goldene Kronen.
Die vor der Volksbank eingerichtete alkoholfreie Zone wird wenig genutzt. "Ich bin froh, dass sie da ist", sagt ein Vater, der hier mit seinen Kindern Aufstellung genommen hat. "Hier werden wir nicht von alkoholisierten Jugendlichen angerempelt." Der Nachteil: Die Absperrung ist weit von den Wagen entfernt. "Die hätten an uns denken müssen", sagt die Mutter, ist sich aber sicher, dass das in Zukunft besser wird.
Der Schnee lässt nach, als der Zug durch den Ort zieht. Es ist wärmer und die Narren am Straßenrand schnattern nicht mehr gar so schnell. Einen Nachteil hat der Schnee trotzdem: Viele der Kamelle bleiben im Straßengraben liegen, Matsch und Pfützen verhindern ein begeistertes Aufsammeln, selbst bei wenig empfindlichen Kindern. "Im vergangenen Jahr haben wir bis 10 Uhr abends gebraucht, bis alles wieder sauber war", sagt ein Mitarbeiter der Straßenreinigungfirma.