Bienen Anratherin lüftet Bienen-Geheimnis

Anrath. · Deutschlands einzige Tierwirtmeisterin Iris van den Bongard hat erforscht, wie die Größe von Bienenköniginnen die Brut beeinflusst.

Die Anratherin Iris van den Bongard bestand ihre Meisterprüfung als Jahrgangsbeste. Ihr Projekt widmete sie der sogenannten Weiselzelle.

Foto: Wolfgang Kaiser

Den Briefträger erwartet Iris van den Bongard mit Spannung. Auf dem Postweg ist etwas unterwegs, auf das sie seit fast vier Wochen wartet: ihr Meisterbrief Tierwirtmeister Fachrichtung Bienen. „Eigentlich hätte ich ihn schon am 4. April bei der Bekanntgabe der Noten in Veitshöchheim erhalten sollen. Aber NRW war das einzige Bundesland, das dort die Meisterbriefe nicht übergab“, berichtet van den Bongard. Vor dem Hintergrund, als bundesweit Prüfungsbeste abgeschnitten zu haben, fand sie es besonders traurig, ohne ihren Meisterbrief auf der Bühne zu stehen.

Bienen begleiten sie schon ein Leben lang. Ihr Vater Johann van den Bongard ist ebenfalls Tierwirtmeister Fachrichtung Bienen und hat den Betrieb Bienenland in Anrath aufgebaut, den die 28-Jährige leitet. Vor zwei Jahren meldete sich Iris van den Bongard im bayerischen Veitshöchheim zum Meisterkurs an, der an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau stattfand, der ein Bieneninstitut angegliedert ist. Neben Seminaren in Bayern gehörte ein Meisterprojekt. „Besteht ein Zusammenhang zwischen der Weiselzellengröße, dem Rest Gelee-Royal in der Zelle und dem Gewicht der Königin im Verhältnis zur Volksgröße bei der Einfütterung?“ hieß das Projekt, mit dem sich die Anratherin über ein Jahr beschäftigte.

Kunden mutmaßten, dass große Königinnen leistungsfähiger sind

Weiselzellen sind die „Wiege“ der Bienenköniginnen.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Idee dazu lieferten viele Gespräche mit ihrem Vater und die Anfragen von Kunden. „Immer, wenn die Kunden Weiselzellen kaufen, äußern sie den Wunsch nach großen. Es herrscht die Annahme, dass Königinnen aus kleinen Weiselzellen weniger Leistung bringen als die aus großen Zellen. Das brachte mich auf die Idee, dies einmal zu untersuchen und zu schauen, ob die Annahme stimmt“, erzählt van den Bongard. Sie reichte ihren Vorschlag dem Prüfungsausschuss ein und erhielt Grünes Licht für das Projekt. Damit ging die Arbeit los.

Van den Bongard arbeitete mit drei Gruppen. Es waren einmal die kleinen Zellen von 35 bis 36 Millimetern Größe. Ihnen folgte die mittlere Variante mit 38 bis 39 Millimetern. Dem schlossen sich die Zellen mit 41 bis 42 Zentimeter an. Die Zwischengrößen wie 37 und 40 Millimetern ließ sie mit Absicht aus. „Ich wollte größere Abstände zwischen den drei Gruppen haben, um das Ganze besser untersuchen zu können. Auch Ausreißer nach unten und nach oben wurden nicht berücksichtigt“, erklärt van den Bongard.

Zuvor ging es daran, die Zuchtvölker auszusuchen und die Larven in die künstlichen Weiselbecher zu geben. 432 Becher wurden mit Larven bestückt und in neun Anzuchtvölker gegeben. Die Völker hatten keine Königinnen mehr und waren daher in einer Notsituation. 326 Weiselbecher zogen an. Am neunten Tag des Entwicklungszyklus, an dem die Zellen bereits verdeckelt sind, holte die junge Frau die Becher heraus. Diese künstlichen Objekte waren inzwischen von den Bienen mit Wachs ausgebaut worden. Jeder einzelne wurde von der Bodenplatte bis zur Spitze vermessen, die Größen lagen zwischen 35 und 42 Millimetern. Danach ging es in den Wärmeschrank, wo sich die Larven in den Zellen vom Gelee Royal ernährten.

Nach nur 16 Tagen schlüpfen
die Bienen aus ihren Zellen

Der 16. Tag im Bienenzyklus ist der Schlüpftag. Ein Tag, der für van den Bongard mehr als aufwendig war. Sie beobachtete das Schlüpfen und führte in den drei Gruppen Klein, Mittel und Groß sporadische Messungen durch. Die Gewichte der Bienen variierten dabei zwischen 215 und 220 Milligramm. Ziel war es, aus jeder Gruppe 50 Königinnen zu wiegen und pro Gruppe einen Mittelwert zu errechnen. 20 Königinnen, die dem errechneten Durchschnittsgewicht am nächsten kamen, wurden ausgewählt. Mit ihnen startete van den Bongard die weiteren Untersuchungen. Zudem untersuchte sie, ob in den Zellen Reste von Gelee Royal vorlagen, und vermaß die Brustschilder der Königinnen. Größen von 3,5 bis 4 Millimeter waren das Ergebnis. Die 20 Königinnen pro Gruppe wurden gekennzeichnet und in Begattungskasten eingeweiselt. In diesen Kästen ging es für zwei Wochen auf die niederländische Insel Marken. Dort trafen die Königinnen auf die Drohnen und legten ihre Eier ab. Bienenmasse, Brutmenge und alles weitere wurde von Iris van den Bongard genau untersucht. „Es war schon ein sehr aufwendiges Projekt. Aber es hat mir viel Freude gemacht. Der Esszimmertisch war anderthalb Jahre lang mein Schreibtisch, an dem ich die vielen Ergebnisse ausgewertet habe“, berichtet sie.

Das Endergebnis des aufwendigen Meisterprojektes lautet dabei: Die Königinnen aus der mittleren Gruppe waren die Besten. Weil das Forschungsprojekt auf großes Interesse bei den Imkern gestoßen ist und Iris van den Bongard noch mehr wissen möchte, setzt sie die Arbeiten fort. Auswinterung, Schwarmverhalten und Honigleistung werden dabei genau unter die Lupe genommen.