Anrath/ Krefeld: Hickhack um Gerichts-Prozess
Es geht um eine Körperverletzung im Gefängnis vor vier Jahren. Vor Gericht fehlte am Donnerstag der Angeklagte. Der Richter erhob Vorwürfe gegen die JVA in Anrath.
Anrath/ Krefeld. Das war schon schweres Geschütz, das Richter Harald Redlin am Donnerstag Mittag vor dem Krefelder Amtsgericht auffuhr: "Ich glaube, die Anstalt in Willich (gemeint ist das Gefängnis in Anrath; d.Red) müsste mal aufgeräumt werden."
Grund für die beißende Bemerkung des Richters: Für den anstehenden Prozess gegen einen früheren Häftling aus Anrath waren mehrere Bedienste des Gefängnisses als Zeugen geladen worden.
Diese Ladung war an die JVA gegangen, wie eine Sammeladresse. Dass einer der Zeugen dort nicht mehr arbeitet, darüber hatte das Gefängnis den Richter nicht in Kenntnis gesetzt. Der Mann war nicht da, der Richter verärgert.
Was viel schlimmer wog: Der Angeklagte war ebenfalls nicht erschienen. Den Schuldigen hierfür konnte Richter Redlin nicht so einfach ausmachen. Das Amtsgericht hatte den heute 38-jährigen Duisburger ebenfalls über das Gefängnis geladen. Weil dort aber bekannt war, dass der Mann in Wuppertal einsitzt, hatte man die Ladung dorthin weitergeleitet.
Sie war auch angekommen. Nicht angekommen war ein so genannten Transport-Ersuchen. Darin bittet das Gericht das jeweilige Gefängnis, den Häftling zur Verhandlung zu bringen. Wo war das versäumt worden?
Eine telefonische Nachfrage des Richters in Wuppertal brachte keine Klarheit. Ein Transport-Ersuchen liege nicht vor, wurde Redlin dort - offenbar ziemlich brüsk - mitgeteilt (O-Ton Redlin: "sehr unfreundlich"). "Das kann nicht sein. Ich habe das heute Morgen noch gesehen", reagierte einer der Beschäftigten aus dem Anrather Gefängnis.
Letztlich spielte das alles aber überhaupt keine Rolle, der Angeklagte war nicht da. Er ist seit dem 18.August im Landeskrankenhaus Essen. Dabei ist das Verfahren schon sehr lange anhängig. Die dem Duisburger zur Last gelegte Straftat datiert von 2006 (siehe Kasten). "Ich hatte gehofft, diese alte Sache vom Tisch zu bekommen", seufzte der Richter.
Wie reagiert das Anrather Gefängnis auf den Vorwurf des Richters, das Transport-Ersuchen nicht weitergegeben zu haben? "Das ist weitergegeben worden nach Wuppertal", sagt Dieter Grave, stellvertretender Anstaltsleiter. Da sei er sicher. Schließlich erreichte die Vorladung den Angeklagten ja auch imWuppertaler Gefängnis.
"Wir haben den Vorgang ja auch angezeigt und haben selbst ein Interesse, dass das verhandelt wird", sagt Grave. Da gebe es für die JVA Anrath keinerlei Grund, schlampig zu arbeiten.