Anrath: Störfeuer gegen Handys im Knast
Die Landesregierung will gegen das Telefonieren aus der Zelle vorgehen. Dort werden oft Mobiltelefone entdeckt.
Anrath. Handys sind im Knast verboten. Schließlich könnten damit Fluchtversuche, Drogendeals oder andere kriminelle Machenschaften organisiert werden. In der Realität werden freilich immer wieder Mobiltelefone bei Häftlingen gefunden - auch in Anrath. Störsender sollen deshalb das illegale Telefonieren in Nordrhein-Westfalens Justizvollzugsanstalten erschweren. Die Gesetzesgrundlage existiert bereits, neun Millionen Euro soll es kosten, das System in den 37 Gefängnissen des Landes zu installieren.
"Wie genau das technisch ablaufen soll, weiß ich noch nicht", sagt Dieter Grave, stellvertretender Anstaltsleiter in der JVA Willich I für Männer. Er wartet auf einen entsprechenden Beschluss des Ministeriums. Ob die Sender auch den Empfang in der Umgebung der JVA stören könnten, ist ebenfalls noch unklar.
Das illegale Telefonieren sei nicht 100-prozentig zu verhindern, sagt Grave. Seine Mitarbeiter durchsuchten die Hafträume der fast 500 Gefangenen fast jede Woche routinemäßig. Es gehe dabei um verbotene Gegenstände wie Drogen, Messer. "Auch Pfeffer ist verboten", sagt sein Kollege Dieter Paulus aus dem Frauenhaus. Bei den Kontrollen werde im Schnitt ein Handy gefunden, weiß Grave von seinen Abteilungsleitern. Im Frauenknast sind es bedeutend weniger.
Auch die Pakete, die ein Gefangener dreimal im Jahr bekommen darf, werden durchsucht. Wobei der Erfindungsreichtum für die Verstecke oft erstaunt. Da werden Handys und Drogen in den Sohlen von Sportschuhen gefunden, "oder in eingeschweißten Lebensmitteln", erzählt Grave.
Manchmal gibt es Hinweise von außen. "Da bekommen wir einen Brief: Bitte sorgen Sie dafür, dass mich Herr XY nicht mehr anruft." Oft sind es frühere Lebenspartnerinnen, die sich über die Telefonate aus der Zelle beschweren.
Warum Handys geschmuggelt werden, ist klar: Bei den legalen Telefonaten, die jedem Gefangenen zustehen, kann sich ein Vollzugsbeamter jederzeit zuschalten. "Jeder darf zwei Stunden im Monat telefonieren", sagt Grave. Der Gefangene muss die Nummern einreichen, mit denen er Kontakt haben möchte. Um Missbrauch zu vermeiden, werden die Teilnehmer nach Einverständnis gefragt, dann erst wird die Nummer freigeschaltet.
Besuche werden nur optisch überwacht. Vier mal 45 Minuten darf die Dauer pro Monat betragen. Ist ein Gefangener besonders vertrauenswürdig, kann er zusätzlich drei Stunden im Monat Langzeitbesuch empfangen, zum Beispiel von der Ehefrau oder den Kindern. "Der wird nicht überwacht", sagt Grave.
Wer als Gefangener innerhalb der Anstalt Schwächen offenbart, wird erpressbar. Und sieht sich eventuell dem Druck ausgesetzt, Handys oder Drogen zu schmuggeln. Angeblich soll der Handel mit den Geräten, SIM- oder Prepaid-Karten florieren.
Die Behauptung eines Gefangenen, ein Anrather Vollzugsmitarbeiter hätte mit Handys und Drogen gehandelt, hat seitens der JVA-Leitung zu einer Anzeige gegen Unbekannte geführt. "Darum kümmert sich jetzt die Staatsanwaltschaft", sagt Grave. Der Häftling wollte - angeblich aus Angst vor Repressalien - keinen Namen nennen. Er wurde inzwischen verlegt.