Bombe in Anrath entschärft Bombe bringt Anrather um den Schlaf

Anrath · Hunderte Menschen mussten nach einem Bombenfund am Reutersweg in Anrath in Sicherheit gebracht werden.

 Einige Anwohner wurden mit Bussen in Sicherheit gebracht.

Einige Anwohner wurden mit Bussen in Sicherheit gebracht.

Foto: Günter Jungmann

Das Szenario am Feldrand am Reutersweg in Anrath wirkt gespenstisch. Dunkelheit liegt über dem Straßenzug und den angrenzenden Feldern. An einer Stelle hingegen ist es hell erleuchtet. Dort, wo die Bebauung aufhört, tauchen Strahler der Freiwilligen Feuerwehr Willich ein Stück des Feldes in gleißendes Licht. Dort liegt eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg.

Ein Mannschaftswagen der Freiwilligen Feuerwehr und ein Fahrzeug des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Rheinland parken in der Sackgasse. Weitere Fahrzeuge der Feuerwehr sowie der Polizei und des Ordnungsamtes sind zu sehen. Immer wieder ist das Knacken der Funkgeräte zu hören. „Es wurde eine amerikanische Fünf-Zentner-Bombe gefunden“, teilt Frank Hopp vom Kampfmittelbeseitigungsdienst mit, der mit seinem Kollegen Michael Hoff die Vorbereitung der Entschärfung abgeschlossen hat.

Die beiden Experten haben das Leitwerk der Bombe entfernt, um den Zünder identifizieren zu können und die Größe der Bombe zu ermitteln. „Es handelt sich um einen Kopf- und einen Heckzünder. Ein Standardmodell. Wir werden um 1 Uhr mit der Entschärfung begingen und gehen von einem halb- bis dreiviertelstündigen Einsatz aus“, informiert Hopp. Das bedeutet, dass bis dahin bis zu 500 Menschen in Sicherheit gebracht werden und ihre Häuser verlassen müssen, die in einem 250 Meter Radius rund um den Fundort wohnen. In einem Radius von 500 Metern um die Fundstelle müssen Fenster und Türen geschlossen bleiben und die Rollladen heruntergelassen werden. Die Bewohner sollen sich in den dem Fundort abgewandten Räumlichkeiten aufhalten.

Polizei und Feuerwehr
gehen von Tür zu Tür

Kurz nach 23 Uhr – die Evakuierung der Häuser läuft auf vollen Touren. Der Kommunale Ordnungsdienst ist zusammen mit Polizei und Feuerwehr unterwegs. Es geht von Haustür zu Haustür. Klingeln, informieren und anhand von Listen abgleichen, wer vor Ort ist. Die meisten lagen bereits im Bett und haben nichts mitbekommen. Unmittelbar neben der Fundstelle wohnende Nachbarn treten bereits auf die Straße. „Ich habe einen Anruf von meinem Bruder bekommen. Er hatte in den Sozialen Medien eine kurze Information gelesen und mich angerufen. Ich werde jetzt mit meinen Kindern und dem Hund zu meinem Bruder fahren“, erzählt eine Anwohnerin. Auch ihr Nachbar muss nicht zur Gottfried-Kricker-Schule, die als erste Sammelstelle für die evakuierten Anwohner gilt. „Es geht zu meiner Freundin“, berichtet er.

An der Weberstraße ist inzwischen ein Gelenkbus eingetroffen. Erste Senioren, die teilweise sogar eine Tasche gepackt haben, steigen mit Mund-Nasen-Abdeckung in den Bus. „Wir haben alle vier Schulen in Anrath am Start. Denn auch bei einer Bombenevakuierung müssen die Corona-Schutzmaßnahmen eingehalten werden“, sagt Christian Pakusch. Der Willicher Bürgermeister erhielt die Nachricht des Bombenfundes um kurz nach 19 Uhr und gehörte vom ersten Moment an zum sofort einberufenen Krisenstab, der sich im Schiefbahner Verwaltungsgebäude am St.-Bernhard-Gymnasium traf.

Zum Fund der Bombe kam es durch einen Hund. Ein sogenannter Schatzjäger soll mit seinem Metalldetektor auf dem Feld unterwegs gewesen sein soll. Nach Aussage eines Anwohners habe er ein Loch gegraben und dieses dann einfach verlassen. Bei einem Spaziergang eines Anrathers fiel dessen Hund offenbar hinein. Beim Herausholen des Tieres wurde die Bombe entdeckt. Sie steckte nur etwa 20 bis 30 Zentimeter tief im Boden.

Nach Auskunft von Sascha Döhmen vom Fachbereich Ordnung der Stadt Willich komme es durch Erdbewegungen häufiger vor, dass Bomben allmählich an die Oberfläche kommen. In diesem Fall sei dies laut Kampfmittelräumdienst nicht ungefährlich gewesen, da bei der Feldarbeit die Bombe mit schwerem Gerät schon hätte berührt werden können.

Die Entschärfung verläuft indes wie angekündigt unproblematisch in rund einer Dreiviertelstunde. Bei der Evakuierung zuvor macht die Polizei zudem einen Fang: Ein von der Polizei gesuchter Mann gehörte zu den Anwohnern.

Viel Lob für alle an der Evakuierung und Entschärfung Beteiligten gibt es von Bürgermeister Pakusch. „Ich habe heute erleben dürfen, wie genial Ordnungsamt, Polizei und unsere Freiwillige Feuerwehr zusammengearbeitet haben. Allesamt Profis, die Hand in Hand bei der Absicherung arbeiteten und so freie Bahn für die Arbeit des Kampfmittelbeseitigungsdienstes schufen. Dazu Bürger, die sich bis auf zwei Ausnahmen verständig zeigten und damit die Arbeit erleichterten“, sagt Pakusch. Wobei es sich um den gesuchten Mann handelte sowie um einen Senior, der den Ernst der Lage nicht verstanden habe. Die Polizei brachte beide in Sicherheit.

Pakusch zeigt sich am Ende erleichtert, dass die Entschärfung problemlos lief und niemand zu Schaden kam. Die Polizei war mit sechs Streifenwagen vor Ort, hinzu kamen bis zu 25 Kräfte der Stadt und bis zu 40 der Löschzüge Clörath und Anrath. Die Feuerwehr setzte auch eine Drohne ein.