Wirtschaft in Anrath Firmenübergabe nach einem halben Jahrhundert
Anrath · Seit 1972 Dieter Breuer im Autohaus Breuer in Anrath tätig, das sein Vater nach dem Krieg gründete. Die meiste Zeit war er mit seinem heute verstorbenen Bruder Inhaber. Jetzt zieht er sich zurück und übergibt das Haus an seinen Neffen.
Dieter Breuer sitzt wie eh und je an seinem Schreibtisch im kleinen Bürotrakt des Autohauses Breuer in Anrath. Sehr offen und positiv erzählt er. Wehmut ist zumindest derzeit nicht zu spüren. Und das, obwohl er das Geschäft, das er seit einem halben Jahrhundert führte, jetzt übergeben hat. „Natürlich hat es den größten Teil meines Lebens bestimmt. Und es ist auch ein komisches Gefühl, nicht mehr so voll in der Verantwortung zu stehen. Aber auf der anderen Seite freue ich mich jetzt auch auf den nächsten Lebensabschnitt“, erzählt der 70-Jährige.
Jüngst übertrug er die letzten Eigentumsanteile an seinen Neffen Willi Breuer. Der 42 Jahre alte Kfz-Mechatronikermeister ist seit 2009 im Unternehmen und hat zuvor in einem anderen Autohaus gelernt. „Ich habe damals zwei Jahre unter meinem Vater gearbeitet, der die Werkstatt verantwortet hat, mein Onkel hat sich um den Autohandel gekümmert“, erzählt der Junior. Zu schnell habe er dann in die volle Verantwortung gehen müssen. „Mein Vater ist leider verstorben und so habe ich seinen Platz eingenommen und verantworte seit weit über einem Jahrzehnt bereits den Werkstattbereich. Jetzt übernehme ich den Rest auch von meinem Onkel. Der hat sich den Ruhestand auch redlich verdient“, erzählt er.
Onkel Dieter wird daraus aber eher einen „Unruhestand“ machen. „Zwei Tage die Woche bin ich noch halbtags vor Ort. Von meinem Haus aus kann ich auf die Firma gucken. Zumindest wenn der Mais auf dem Feld dazwischen nicht so hoch ist“, sagt er lachend und Tochter Melanie Herold ergänzt, ebenso lachend: „Dann wird er auch mal unruhig daheim.“ Generell komme er aber gut mit der Situation zurecht. „Ich habe über Jahre immer mehr an Willi abgeben – jetzt eben auch die Geschäftsanteile. Jetzt im Sommer ist es auch kein Problem, ich bin gern draußen, im Garten, mache mit meiner Frau Ausflüge mit dem Rad oder kleine Trips. Wir haben ein Ferienhaus an der Ostsee, wo wir jetzt häufiger hinfahren werden. Wie das im Winter wird, das weiß ich aber noch nicht. Könnte sein, dass dann die Langeweile stärker wird“, sagt er und lächelt verschmitzt.
Im Autohaus soll es
weiterhin persönlich zugehen
Wichtig ist Onkel wie Neffe vor allem Kontinuität. „Unsere Kunden schätzen vor allem das Persönliche. In großen Häusern sind sie Nummern. Hier kennt man sie persönlich und die Macken ihrer Autos“, erzählen beide unabhängig voneinander fast im identischen Wortlaut.
Auch im Unternehmen geht es familiär zu. „Unsere Angestellten sind seit langer Zeit hier. In der Werkstatt sind die Angestellten 36 oder 37 und über 40 Jahre da. Darauf sind wir sehr stolz und wollen das auch so beibehalten“, erzählt Willi Breuer. Er will keine spürbaren Änderungen vornehmen. „Das Konzept ist bewährt, es läuft gut. Mit der Produktpalette von Ford bin ich gerade im Kleinwagensegment nicht glücklich, aber zu wechseln ist sehr aufwendig und oft gar nicht möglich, weil die Hersteller nur große Häuser neu aufnehmen. So bleibt nur, hier auf Änderungen zu hoffen“, erzählt er.
Der Handel, auch mit gebrauchten Fahrzeugen, und der Service würden je rund die Hälfte des Ertrags ausmachen. „Auch hier ist alles familiär. Wir haben Kunden auch aus den größeren Städten wie Krefeld oder Mönchengladbach, die extra zu uns kommen. Auto ist auch immer eine Sache des Vertrauens und das wollen wir bieten“, erzählt Breuer Senior. Dabei gelte es immer, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. „Aber klar, manche Kunden kommen auch und sagen ‚das und das muss gemacht werden‘. Wir fragen dann, ob wir nicht erstmal auslesen sollen. Manche lehnen das kategorisch ab. Dann machen wir das so. Ich kann aber sagen: Meist sind die Kunden danach nicht so glücklich“, erzählt er. Beim nächsten Mal würde dann mehr auf die Expertise gehört.
Den Autoexperten gründete Dieter Breuers Vater im Jahr 1946. „Ich bin mit Autos aufgewachsen, habe schon mit zwölf Jahren an der Tankstelle gejobbt. Damals für fünf Pfennig“, erzählt er lachend. Auch das zeigt: Es hat sich viel geändert. Jetzt auch für sein Unternehmen, das er vertrauensvoll in erprobte Hände übergibt.