Der alltägliche Wahnsinn wird auf den Punkt gebracht
Patrizia Moresco beherrscht die Kunst, ihr Publikum intelligent zu unterhalten. So auch bei ihrem Auftritt im Schloss Neersen.
Neersen. „Gegen mich ist ein Bengalisches Feuerwerk eine Knallerbse“, ist auf der Homepage von Patrizia Moresco zu lesen. Am Wochenende präsentierte die überaus quirlige und mitunter ziemlich schrille 60-jährige Wahlberlinerin mit italienischen Wurzeln ihr aktuelles Programm „Die Hölle des positiven Denkens“ in der Motte vom Schloss Neersen. Das Publikum merkte vielleicht nicht auf Anhieb, aber doch ziemlich schnell, dass Patrizia Moresco die Kunst beherrscht, Menschen auf intelligente Weise zu unterhalten.
Der alltägliche Wahnsinn — Patrizia Moresco bringt ihn auf den Punkt. Dazu stehen ihr viele Talente zur Verfügung: Sie spricht, sie kreischt, sie singt — und mit dem italienischen Blut in ihren Adern hat sie auch die passende Choreographie parat. Ja, auch die Politik kommt in ihrem Programm vor, die ganz große sogar. Donald Trump und die AfD scheinen sie aktuell am meisten zu ärgern, beiden schleudert sie ihre volle Verachtung entgegen. Aber im Mittelpunkt steht der Kult rund ums positive Denken.
„Sorge dich nicht, lebe“: Diesen Spruch und Titel eines Welt-Bestsellers von Dale Carnegie stellt die 60-Jährige auf den Kopf: „Ich sorge mich, weil ich lebe.“ Es fallen bei aller Ausgelassenheit so bittere Sätze wie dieser: „Das Leben ist nicht für jeden geeignet.“ Sie kann nach eigener Aussage „strahlen wie ein kontaminierter polnischer Pfifferling“. Und Helene Fischer ist für sie wegen deren Omnipräsenz und dem cleanen Image „die singende Sagrotan-Flasche“.
Ausgiebig lustig macht sie sich über die Zeitgenossen, die ihrem Smartphone zu viel Aufmerksamkeit schenken und die beispielsweise ihr Foto beim Bügeln posten. Dass das Essen gepostet wird, ist ja mittlerweile üblich — Moresco wartet auf den Tag, wo auch die Exkremente fotografiert und ins Netz gestellt werden. Egal, ob Einhorn-Hype oder andere Absonderlichkeiten des Zeitgeistes, die feurige Italienerin kümmert sich drum. Ihr Motto: „Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du’s hinter dir.“ Auch wer einen Hang zur Esoterik hat, bekam sein Fett weg.
Apropos „Fett“: „Gibt es was Traurigeres als Kalorien zu zählen?“, fragte die 60-Jährige, die auch den Optimierungswahn aufs Korn nahm. Etwas Männerfeindliches durfte auch nicht fehlen: „Hund oder Mann: Die Frage ist, ob ich mir den Teppich versauen lasse oder das ganze Leben.“
Köstlich, wie sie als Frau mit aufgespritzten Lippen auftrat und zu verstehen gab, nur ungespritztes Gemüse zu verzehren. Da hatte die quirlige Italienerin, die in Stuttgart aufgewachsen ist, die Herzen der Zuschauer längst erobert. rudi