Langeweile kennt sie nicht
Antonie Heyes war letzte aktive Bäuerin in Alt Willich. Nun wird sie 90.
Willich. Sie stammt von einem Bauernhof in Krefeld, hatte auf einem Erntedankfest-Ball in Schiefbahn ihren späteren Mann kennengelernt und war 1950 nach der Hochzeit zu ihm an die Peterstraße 5 gezogen. Dort erlebt sie heute einen ganz besonderen Ehrentag: Antonie Heyes geborene Hauser feiert ihren 90. Geburtstag.
„Ich hätte nie gedacht, so alt zu werden“, sagt die Seniorin. Das 125 Jahre alte Wohnhaus Peterstraße 5 im Herzen von Alt-Willich ist übrig geblieben von dem Bauernhof, auf dem die 90-Jährige gut drei Jahrzehnte lang gewirkt hatte. 1981 wurde der Hof als letzter aus dem Ortszentrum ausgesiedelt und von ihrem Sohn Theo (67) übernommen. „Am Anfang habe ich dort noch mitgeholfen“, erinnert sich die Seniorin. Sie ist eingebettet in eine große Familie. Die 63 Jahre alte Tochter lebt mit im Haus, Antonie Heyes, die seit 13 Jahren Witwe ist, hat vier Enkel und sechs Urenkel - die sind zwischen sechs Monate und 16 Jahre alt. Unter den Urenkeln sind zwei Zwillingspaare.
Die alte Dame fühlt sich in ihrem Wohnzimmer mit der Stuckdecke und dem über 100 Jahre alten, reich verzierten Schrank und den vielen Familienfotos wohl. „Ich bin froh, dass ich nicht in ein Altenheim muss“, gesteht Antonie Heyes, deren größten Wunsch allerdings auch zum 90. Geburtstag niemand erfüllen kann: „Ich würde gerne wieder wie früher gehen können.“ Die Unbeweglichkeit in Verbindung mit der sehr schlechten Sehkraft schlagen schon mal aufs Gemüt: „So erstrebenswert ist das nicht, so alt zu werden.“
Vorbei die Zeiten, als sie mit ihrem Mann verreiste, meistens ging es an die Nordsee, aber auch schon mal in die Bayrischen oder die Schweizer Berge. Auch das Fahrradfahren klappt längst nicht mehr - und weil die Augen nicht mitmachen, musste Antonie Heyes auch ihr großes Hobby, das Handarbeiten, vor einigen Jahren aufgeben.
Wirkliche Langeweile hat sich dennoch in ihrem Leben nicht breitmachen können: Zweimal in der Woche wird die 90-Jährige in die DRK-Tagespflege an der Anrather Straße abgeholt. Dort geht es sehr gesellig zu und die Senioren werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit gymnastischen Übungen gefordert. Und mit ihrer Lupenbrille liest sie in der Westdeutschen Zeitung jeden Tag, was so in der Region los ist. Fernsehen strengt sie zwar an, aber die „Aktuelle Stunde“ lässt sie sich kaum mal entgehen - heute vielleicht, wenn die Gäste kommen und gratulieren. Antonie Heyes geht fest davon aus, dass sich auch ihr Neffe zweiten Grades, Bürgermeister Josef Heyes, blicken lassen wird. rudi