Willich Ein Zeichen für Frieden und Nächstenliebe

Willich gedenkt der Errichtung des Friedenskreuzes vor 75 Jahren. Mit Norbert Blüm kommt auch ein ehemaliger Minister.

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Willich. Um ein Zeichen zu setzen für Frieden und Nächstenliebe errichteten damals an der Ecke Ritterstraße/Neusser Straße mehr als 800 Männer ein fünf Meter hohes Kreuz.

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Es war eine schlimme Zeit. Nach dem Ende des Krieges, nach dem Untergang des „Dritten Reiches“ beherrschten materielle Not und weltanschauliche Verwirrung das Leben. Eine Rückbesinnung auf religiöse Werte setzte ein. In Krefeld gründeten zurückgekehrte Kriegsgefangene das Katholische Männerwerk. Ihnen ging es um eine Neugestaltung des Lebens nach christlichen Grundsätzen. Auch in Willich bildete sich eine Männerwerk-Gruppe.

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Zum Osterfest 1947 ruft das Katholische Männerwerk im ganzen Bistum Aachen zu einer Kreuz-Wallfahrt auf. Sie wird am Karfreitag in Krefeld beginnen und am 28. September in Aachen mit einer gewaltigen Kundgebung enden. Aber durch alle Gemeinden werden die Wallfahrer nicht kommen können, auch durch Willich nicht. Deshalb sollen die Gemeinden, die die Prozession nicht berühren wird, in der Nacht des Passionssamstags, am 22. März 1947, eigene „Friedenskreuze“ errichten. In Willich findet der Aufruf eine enorme Resonanz.

Wo sich am Ortsausgang zur Dickerheide die Schmiede und das Wohnhaus von Peter Willms und seiner Frau Bernhardine befinden, soll ein Friedenskreuz aufgestellt werden. Der Landwirt Hans Binger vom Nauenhof spendet dafür das Eichenholz. Daraus fertigt der Stellmachermeister Peter Dohmganz das Kreuz. In den Querbalken meißelt der Holzschnitzer Stefan Baer einen kurzen Text: „Männer beten um den Frieden“ und die Jahreszahl 1947. Das Trägerfundament fertigt der Huf- und Wagenschmiedemeister Jakob Blassen.

In der Nacht des Passionssamstag versammeln sich mehr als 800 Männer vor der Pfarrkirche St. Katharina, darunter viele Kriegsversehrte. Dem einen hängt ein leerer Ärmel von der Schulter, andere humpeln an Krücken. Um 23 Uhr formieren sie sich zu einem langen Prozessionszug.

An seiner Spitze tragen vier von ihnen an Handgriffen das fünf Meter hohe Kreuz, dahinter halten zwei es mit Stützen aufrecht. An der idyllisch gelegenen Ecke Martin-Rieffert-Straße/Neusser Straße/Ritterstraße hält der Kreuz-Zug an und vor einer Baumgruppe formiert sich ein riesiger Halbkreis. Wo die drei Straßen aufeinandertreffen, wird das sieben Zentner schwere Kreuz unter andächtigen Gebeten in den Boden gepflanzt. Der Kirchenchor, damals noch MGV 1820 genannt, stimmt einen Choral an.

70 Jahre danach soll die Friedensprozession nun wiederholt werden. Eingeladen sind dazu alle, denen Frieden ein Anliegen ist, nicht nur Männer, wie damals, sondern auch Frauen. Auch und gerade muslimische Immigranten, die sich zurzeit in Willich aufhalten. Am Samstag, 8. April, sollen die Teilnehmer sich um 20 Uhr auf dem Marktplatz vor der Pfarrkirche St. Katharina versammeln. Hier werden Diakon Friedhelm Messerschmidt und Pfarrer Rolf Klein zunächst an die historische Bedeutung des Kreuzes erinnern. Dann wird die Prozession wie vor 70 Jahren zum Aufstellungsort ziehen. Vor dem Kreuz werden Fürbitten gesprochen werden; unter anderem von Marita Blüm, geborene Binger, deren Vater damals das Eichenholz gestiftet hat. Mit ihrem Mann Norbert Blüm, Bundessozialminister von 1982-1998, wird sie zur historischen Prozession nach Willich kommen. Mitziehen werden auch Bürgermeister Josef Heyes und andere bekannte Bürger wie der in Neersen wohnhafte CDU-MdB Uwe Schummer.