Ehrenamtlich am Steuer in Willich Bürgerbus fahren, aber sicher
Willich · Erstmals gab es für die Fahrerinnen und Fahrer der Bürgerbusse in Anrath, Schiefbahn und Willich ein spezielles Fahrsicherheitstraining. Sie steuern den Bus auch durch schmale Straßen und müssen alles im Blick haben.
„Sicherheit fängt vor der Fahrt an“, sagt Carlo Raaijman. Was das genau heißt, demonstriert der Dozent und Fahrtrainer mit dem Schwerpunkt Lkw von der Kraftfahrerausbildungsstätte (KAS) GmbH in Kleve mit Hilfe von Bürgerbusfahrer Gunnar Filges. Er ist nämlich der erste, der in den Willicher Bürgerbus einsteigen darf. Raaijman fordert ihn auf, die Spiegel auf der Fahrerseite so einzustellen, dass das hintere Rad des Busses gesehen werden kann.
Der Hauptspiegel kann von innen bedient werden. Der Weitwinkelspiegel muss manuell eingestellt werden. Filges stellt die Spiegel wie gewünscht ein. Der Fahrtrainer stellt Pylone im hinteren Bereich des Busses auf – während er sich bei Filges immer wieder rückversichert, ob dieser die Hütchen noch sehen kann. Letztendlich stehen die Pylone genau an der Grenze des Sichtfensters des Fahrers, entsprechend des Haupt- und des Weitwinkelspiegels. Mit Kreide zeichnet Raaijman eine Linie auf den Asphalt des Willicher Schützenplatzes, die beide Winkel darstellt. Sekunden später lässt der Fahrtrainer acht Personen „verschwinden“: Er hat sie nämlich im toten Winkel des Busses aufgestellt. „Drei Meter weg und ich sehe nichts, wenn ich in die Spiegel schaue. Ich sehe die Personen wirklich nur, wenn ich den Kopf extrem drehe“, bemerkt Filges hörbar erstaunt.
Sicherheit fängt bei der
richtigen Spiegeleinstellung an
Wenn die Spiegel falsch eingestellt seien, werde der Winkel spitzer, man sehe noch weniger, erklärt Raaijman und verdeutlicht damit, wie wichtig es ist, die Spiegel vor jeder Fahrt richtig einzustellen. „Rechts ist es noch schlimmer. Umso wichtiger ist es hier, dass der Fahrer freie Sicht hat, wenn er den Kopf wendet“, erklärt er und deutet auf ein Plakat an der Fahrertür des Busses: Das hat dort nichts zu suchen, weil es die Sicht behindert.
Fahrsicherheit steht für die Fahrerinnen und Fahrer des Bürgerbusses auf dem Programm, ein mehrstündiges Training, das erstmals durch das Unternehmen KAS angeboten wurde. Die Idee dazu entstand im Oktober. „Ich habe vor Jahren den Motorradführerschein gemacht und mich für ein Sicherheitstraining angemeldet. Ich war von dem speziellen Training begeistert und dachte mir, dass wir so etwas doch einmal bei den Bürgerbussen anbieten könnten“, sagt Patricia Ohlenforst-Jakobi. Die Geschäftsführerin der drei Bürgerbusvereine in Willich sprach die Vereine an und stieß auf eine große Zustimmung.
Wichtig war allen, dass das Training auf das Fahren der Bürgerbusse zugeschnitten sein sollte. „Wir haben schon mit speziellen Situationen zu tun. Wir fahren schmale Straßen, wo der normale ÖPNV nicht fährt. Unsere Straßen sind oftmals zugeparkt und es kommt zu engen Begegnungen, wenn zum Beispiel ein Müllfahrzeug anrückt“, sagt Matthias Zeies, Vorsitzender des Anrather Bürgerbusvereins.
Großes Interesse bei
den Fahrern des Bürgerbusses
KAS bot dieses Training an. Weil nicht mehr als zehn Personen in einer Gruppe sein sollten und das Interesse der Fahrer groß war, wurden mehrere Termine geplant. Ein weiterer Termin an einem Wochenende soll folgen, damit auch noch berufstätige ehrenamtliche Fahrer das Angebot nutzen können.
Inzwischen erklärt Raaijman, wie man den Fahrersitz richtig einstellt. Dass der Sitz gefedert ist und über eine Sitzeinstellung verfügt, bei der jeder Fahrer sein Gewicht einstellen und so eine optimale Federung für den Rücken erreichen kann, sorgt für Erstaunen. „Das habe ich überhaupt nicht gewusst“, sagt Marlene Müller, die die neu entdeckte Funktion sofort testet.
Dann geht es ans Fahren: Raaijman hat auf dem Festplatz einen Parcours vorbereitet. Es gilt, zwischen zwei Tonnen rückwärts einzuparken. Hinzu kommt eine Fahrt zwischen eng stehenden Pylonen. Wichtig ist auch eine Bremsübung: Zunächst wird der leere Bus auf ein Zeichen des Trainers bei 40km/h durch eine Vollbremsung zum Stehen gebracht. Danach ist es ein voll besetzter Bus. „Die Übung macht das veränderte Bremsverhalten deutlich – und das ist für einen Fahrer nicht nur wichtig zu wissen. Man muss es auch einmal erlebt haben“, sagt Raaijman.
Bei den Teilnehmern kommt das Angebot an. „Es war eine hochinteressante Erfahrung und hat mir persönlich wirklich viel gebracht, auch wenn ich schon seit 15 Jahren den Bürgerbus fahre“, bemerkt Heinz Malessa vom Vorstand des Bürgerbusvereins Willich. Schulung sei wichtig, das schärfe die Sicht auf die Dinge, fügt Bürgerbusfahrerin Ute Becker-Sanke an.