Prozess wegen Untreue Fall Vauth: Kommt es zum Deal?
Am Freitag begann der Prozess wegen Untreue gegen den früheren Landratskandidaten der SPD und seine Frau Jessica.
Tönisvorst/Krefeld. Der Prozess hat noch nicht richtig begonnen, da ist er schon wieder vorbei. Lothar Vauth, früherer Krefelder Rechtsanwalt, Ex-Karnevalsprinz und -landratskandidat muss sich seit am Freitag wegen Untreue vor dem Landgericht verantworten.
Acht Jahre sind seit der Anzeige vergangen, die ehemalige Kollegen aus der Sozietät Dr. Stöber und Partner gegen Vauth erstattet haben. Acht Jahre, in denen der Fortgang des Verfahrens sich zog wie der sprichwörtliche Kaugummi.
8.40 Uhr: Auftritt Lothar Vauth. Das frühere Polit-Schwergewicht wird mit dem Rollstuhl ins Gericht gefahren. Er soll schwer krank sein. Seine derzeitige Adresse ist das Gefängnis-Krankenhaus Fröndenberg.
Die Justizangestellten müssen sich derweil körperlich schon ganz schön anstrengen, um ihn die eigens gebaute Rampe hochzuwuchten. Der Angeklagte wird vor die Verteidigerbank geschoben. Zwischen den Juristen hat unterdessen Ehefrau Jessica Vauth Platz genommen. Sie ist der Beihilfe angeklagt, war seinerzeit Büroleiterin in der Kanzlei. Den Vorsitz führt Richterin Ellen Roidl-Hock. Herbert Luczak, der das Verfahren bislang betreut hat, geht in Kürze in Pension, weswegen er die Verhandlung nicht mehr leitet.
Vauth wird aufgefordert, seine Personalien zu bestätigen. „Ihr zweiter Vorname ist Erich?“, fragt die Richterin. „Nein“, sagt Vauth, „der wird nie benutzt.“ Seine Stimme klingt brüchig, sein Blick allerdings ist klar. Immer wieder wiegt er den Kopf hin und her. Fast schon herausfordernd schaut er vor Verhandlungsbeginn in die Kameras der Fotografen. „Der hat immer noch den arroganten Gesichtsausdruck von früher drauf“, raunt ein Mann im Zuschauerraum, der mit etwa 20 Besuchern eher mäßig gefüllt ist.
Bei jeder Frage der Richterin schaut Vauth zunächst unsicher seine Anwälte an, so als müssten die ihm eine Antwort einflüstern. Bei seiner Ehefrau ist das anders. Ihre Antworten kommen schnell, klar, offensiv. „So tritt die auch in der Öffentlichkeit in St. Tönis auf“, sagt der Mann im Zuschauerraum.
Zur Verlesung der Anklageschrift kommt es nicht. Auf Anregung von Richter Luczak gibt es ein Gespräch unter Juristen. Sprich: Jetzt versucht man, einen Deal auszuhandeln. „Zumindest kann ausloten, ob man einen Rahmen abstecken kann“, sagt Axel Stahl, Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Das macht absolut Sinn“, erklärt Andreas Neuber, Rechtsanwalt aus Krefeld, der aus Interesse gekommen ist. Sonst müssten alle angeklagten 900 Vorgänge angesprochen werden.
Bei einem Deal spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. „So muss die Länge des Verfahrens berücksichtigt werden“, sagt Stahl. Soll das heißen, dass diejenigen, die das Verfahren so in die Länge gezogen haben, jetzt genau aus diesem Grund einen „Strafrabatt“ haben wollen? „Nein“, sagt Stahl, „so einfach ist das nicht. Er betont, dass neben den Untreue-Vorwurf auch die mögliche Schadenshöhe wichtig ist.
Dass sich das Verfahren so gezogen habe, sei nicht Fehler der Staatsanwaltschaft, sagt Stahl. Vielmehr habe die Verteidigung ja versucht, eine Verhandlungsunfähigkeit wegen Krankheit zu zu erreichen. Dabei hatte der Europäische Gerichtshof schon vor Jahren den Strafbestand „Flucht in Krankheit“ bestätigt.
23 ärztliche Gutachten liegen unterdessen vor. Viele bescheinigen ihm Verhandlungsunfähigkeit. In einem wird ihm aber auch attestiert: „Er aggraviert“. Das heißt: Er spielt verstärkt die Symptome, unter denen er womöglich tatsächlich leidet.
Nicht verhandelt wird bei dem Verfahren eine trotzdem sehr spannende Frage: Während der Insolvenzverwalter der früheren Kanzlei auch für Lothar Vauth persönlich Insolvenz beantragt hat, hat Vauth Anwälte, die — vorsichtig ausgedrückt — nicht zu Schnäppchenpreis zu bekommen sind. Wie bezahlt er diese?
Am 29. März geht’s weiter. Möglicherweise zeigt sich dann, ob ein Deal die Angelegenheit beschleunigen kann.