Temposünder in Willich Fotos, auf die man gut verzichten kann

Die Polizei nimmt zurzeit besonders an den Schulwegen Temposünder in den Blick. Die WZ war bei einer Geschwindigkeitskontrolle dabei.

Foto: Friedhelm Reimann

Willich. Der junge Mann lehnt an der offenen Fahrertür seines Wagens, den er gerade, kurz nach 12 Uhr mittags, ungeplant auf dem Willicher Schützenplatz abstellen musste. Ein Wink mit der Polizeikelle hat ihn aus dem stadteinwärts fließenden Verkehr geholt. Der Mann, der eine orangefarbene Arbeitsweste trägt, zündet sich eine Zigarette an. Es ist die erste Zigarette nach seinem „ersten Knöllchen in diesem Jahr“.

Der St. Töniser seufzt. „Ich war abgelenkt. Schlechtwetter. Ich wollte bei dem Regen schnell nach Hause.“ Die flotte Fahrt kostet den St. Töniser 35 Euro. Drei Minuten und 300 Meter zuvor, kurz hinter der Kreuzung Korschenbroicher Straße/Hülsdonkstraße, war er stadteinwärts mit Tempo 69 geblitzt worden. Erlaubt sind 50 km/h. Auch wenn von der Polizei drei Stundenkilometer an Toleranzwert abgezogen werden, bleibt es bei einem Verwarngeld im Gegenwert von etwa sieben Schachteln Zigaretten.

Polizeibeamter Ralf Mertens sitzt im Streifenwagen. Er ist an diesem Montag Kontrollstellenleiter, hat für acht Stunden zwischen 10 und 18 Uhr am Schützenplatz Posten bezogen. Er und seine drei Kollegen stehen im Nieselregen an der Zufahrt zum Platz und winken die Schnellfahrer aus dem Verkehr, sie kontrollieren Führerscheine, Fahrzeugpapiere, stellen Verwarn- und Bußgelder aus und kassieren sofort.

Ein Knöllchen von heute wird mit Karte bezahlt. Manchmal auch mit einem Punkt in Flensburg. Ein Autofahrer hat an diesem Morgen seine Bilanz schon nach oben geschraubt. „Bisher ist es ein ruhiger Tag“, sagt Mertens. „Vielleicht liegt es daran, dass wir hier gut zu sehen sind. Da betätigt der ein oder andere Verkehrsteilnehmer schnell mal die Lichthupe, um vor uns zu warnen.“ Das ist zwar nicht erlaubt, aber kaum zu verhindern. Unterm Strich bleibt dennoch ein Erfolg der Geschwindigkeitsüberwachung. Mertens: „Die Leute fahren langsamer, sind aufmerksamer.“ Prävention der Polizei muss nicht immer durchs Portemonnaie gehen.

In den ersten zwei Blitzstunden haben die Beamten auf der Schützenplatz-Verkehrsinsel ein halbes Dutzend Autofahrer angehalten. Die Polizisten reagieren auf den Zuruf der Kollegen in Deckung: Über Funk meldet Norbert Rothkugel, der mit Manfred Hormes in einem unauffälligen Bulli 300 Meter weiter auf dem Parkplatz am Friedhof sitzt, welches Fahrzeug zu schnell unterwegs ist. „68. Der erste Scharfe. In einem Toyota“, sagt Rothkugel ins Funkgerät, vergrößert gleichzeitig das Foto von Fahrzeug und Fahrer auf dem Bildschirm vor ihm, hält nach Handys am Ohr Ausschau und liest die gemessenen Zahlen vom Monitor ab. Er nennt Farbe und Kennzeichen des Wagens und wiederholt das gemessene Tempo: „Sechs, acht.“

Am frühen Morgen haben Rothkugel und Hormes schon Reisebusse an der Robert-Schuman-Europaschule kontrolliert, ab halb zehn Kameras und Sensoren an der Korschenbroicher Straße aufgebaut. Die Messgarnitur deckt beide Fahrbahnen ab, Fotos werden bei Verstößen in beide Fahrtrichtungen gemacht. Geschäftsleute mit Termindruck, jugendliche Fahrneulinge, Leute, die laute Musik hören oder mit Handy am Ohr am Steuer sitzen, Fahrer, die zeitgleich Lieferscheine ausfüllen — „alles schon gehabt“, sagt Hormes. In einer Stunde passieren etwa 900 Fahrzeuge die Messstelle. Überschreitungen gab es in derselben Zeit sechs stadtein- und 22 stadtauswärts. Ein lautes „Oha“ würde den beiden erfahrenden Beamten erst bei einem geblitzten Wert ab 84 Stundenkilometern auf dem Tacho entfahren. „Dann stünde ein Fahrverbot an“, sagt Rothkugel.

Sein Portemonnaie zücken muss wenig später ein Kia-Fahrer aus Krefeld. Er war 23 km/h zu schnell. Selbst runterkorrigiert bedeutet das 35 Euro. „Ich bin von der Autobahn runter und einfach den anderen hinterhergefahren“, sagt er und ärgert sich. Es ist das erste Knöllchen, das er mit diesem Auto bekommen hat. „Und den Kia fahre ich schon seit acht Jahren.“ Während er zahlt, erzählt ihm der Polizist, dass auch die Wagen vor und hinter ihm zu schnell waren. Diese Autofahrer bekommen Post. Mit Foto. „Auf so ein Foto kann ich verzichten“, sagt der Krefelder und fährt weiter.