Rückschlag für Gastronomie „Wollen das Wohnzimmer der Menschen bleiben“

Tönisvorst · Das neue Jahr begann für die Gastronomie mit einem Paukenschlag. Speisen im Restaurant werden teurer, der Umsatzsteuersatz wurde wieder auf 19 Prozent angehoben. Was Viersens Dehoga-Vorsitzender Nico Frass dazu sagt.

Pia und Nico Frass hatten die Gaststätte „1857“ Mitte 2023 übernommen. Nun werden auch sie mit der Erhöhung der Umsatzsteuer auf Speisen kalkulieren müssen. Auch sie müssen mit steigenden Preisen rechnen.

Foto: Norbert Prümen

Die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie ist ab dem 1. Januar wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht worden. Intensiv hatte sich der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) dagegen gewehrt und wurde von Mitstreitern aus der Branche, der Industrie und Verbänden unterstützt. Bei Getränken gilt weiterhin ein Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. „Klar ist, dass die Kampagne für die sieben Prozent Umsatzsteuer auf Speisen weitergeht. Sieben Prozent müssen wiederkommen“, kündigte der Dehoga auf seiner Internetseite www.dehoga-nrw.de an.

Nico Frass ist Inhaber des „1857. Niederrheinisches Wirtshaus“ in St. Tönis. Zudem ist er Vorsitzender der Dehoga im Kreis Viersen. Auch er will sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Speisen in der Gastronomie mit sieben Prozent besteuert werden. Gründe hat er genug. Zunächst sieht er eine Ungerechtigkeit in der Besteuerung, die der Dehoga schon lange Zeit bekämpft. Lebensmittel kauft die Gastronomie mit sieben Prozent Umsatzsteuer ein, gibt sie aber mit 19 Prozent ab. Somit ist diese Steuer kein durchlaufender Posten, sie muss erwirtschaftet werden. „Damit der Staat die Mehrwertsteuer erhält“, erklärt Frass.

Getränke haben schon
beim Einkauf 19 Prozent

Bei den Getränken ist es anders. Die werden schon im Einkauf mit 19 Prozent besteuert. Holt der Kunde das Essen ab (Take Away), werden übrigens nur sieben Prozent Umsatzsteuer berechnet. Bedeutet: Grünkohl im Lokal mit allen Serviceleistungen 19 Prozent, Grünkohl an der heißen Theke zum Mitnehmen sieben Prozent.

Ganz wichtig: Die Gäste müssen damit rechnen, dass die Preise für Speisen, die im Lokal verzehrt werden, schon rein rechnerisch um zwölf Prozent steigen. „Der Leidtragende ist zunächst der Gast, auf lange Sicht auch der Gastronom“, sagt Frass, „denn die Frage ist: Kann sich der Gast in Zukunft das alles noch leisten?“ Gastronomie müsse bezahlbar für alle sein. „Ich möchte das Wohnzimmer der Menschen, der Gesellschaft, bleiben können“, sagt Frass. Wenn er nun aber immer mehr Geld verlangen müsse, weil sich für ihn nicht beeinflussbare Parameter ändern, dann werde es immer schwieriger, genau dieses Wohnzimmer zu bleiben. Zu der Erhöhung der Umsatzsteuer komme zum Beispiel noch die Erhöhung des Mindestlohns und der Lkw-Maut hinzu. „Durchschnittlich werden in der Branche die Preise zwischen 15 und 20 Prozent steigen müssen“, prognostiziert Frass. Die Konsequenz sei, dass Betriebe schließen müssen. Bundesweit rechne man mit 12.000 Betriebsschließungen, zitiert Frass den Dehoga, in NRW möglicherweise etwa 4000 Schließungen – allein durch die Umsatzsteuererhöhung. „Eine Katastrophe“, fasst Frass zusammen.

Auf die Gastronomie kommen seit Jahresbeginn allerdings noch weitere Veränderungen hinzu. Überschaubar wird das Interesse der Kundinnen und Kunden hinsichtlich einer eher bürokratischen Neuerung sein: Ab dem neuen Jahr muss die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems und die Seriennummer des Sicherheitsmoduls auf dem Kassenbeleg zu finden sein. Damit sind auf dem Bon insgesamt zehn Posten notiert. Was für den Gast reiner Lesestoff ist, bedeutet für die Gastronomie einen erhöhten Aufwand. Schließlich musste man sich mit dem für das Kassensystem zuständigen Dienstleister in Verbindung setzen, damit die nötigen Änderungen am Kassensystem noch rechtzeitig vorgenommen werden können.

Auswirkungen auf Preise und betriebliche Kalkulation hat jedoch der Anstieg des Mindestlohns ab dem 1. Januar. Seit Jahresbeginn gilt nun: 12,41 Euro Lohn pro Stunde, eine weitere Erhöhung auf 12,82 Euro ist ab dem 1. Januar 2025 vorgesehen. Das wirkt sich auf die Entgeltgrenzen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung aus. Die liegt nun ab dem 1. Januar 2024 bei 538 Euro brutto, ab dem 1. Januar 2025 bei 556 Euro brutto. Keine Auswirkung hat dies auf die maximale Arbeitszeit der Beschäftigten im Monat. Hier sind weiterhin höchstens 43 Stunden pro Monat zu leisten (gerundeter Wert).