Guttenberg: Ein überfälliger Schritt
Wie stehen Sie zum Rücktritt von zu Guttenberg? Die WZ fragte sieben Doktoren.
Willich/ Tönisvorst. Fragt der Praktikant im Bundesverteidigungsministerium: „Wo ist der Kopierer?“ Antwort: „Zum Truppenbesuch in Afghanistan“. Seit Dienstag ist der Witz veraltet, KT hat nach seinem Doktortitel auch sein Amt zurückgegeben. Wie wird das hierzulande gesehen? Die WZ fragte Menschen, die selbst einen Doktortitel tragen.
„Das war notwendig“, sagt Dr. Gerhard Bormann aus Vorst, der Chemiker ist. „Ich habe auch meine Zweifel, ob er diese Arbeit überhaupt selbst geschrieben hat“, sagt Bormann. Bei dieser Länge und bei dieser umfangreichen Quellenlage („die muss man ja alle gelesen haben“) könne das niemand nebenbei schaffen. „Auch nicht, wenn’s — wie Herr zu Guttenberg immer betont — sieben Jahre gedauert hat. Was Bormann besonders ärgerte: „Dieses scheibchenweise Zugeben war furchtbar. Und am Ende blieb ihm doch nichts anderes übrig.“
„Menschlich finde ich es für ihn traurig. Aber wissenschaftlich war es nicht zu vermeiden“, urteilt Dr. Ludwig Hügen, Heimathistoriker aus Schiefbahn. Es habe ihn sehr gestört, dass Guttenberg erst „scheibchenweise“ mit der Wahrheit rausgekommen sei. Andererseits könne er auch dessen Doktorvater nicht verstehen, der sich ja jetzt von seinem Schützling distanziert habe: „Mein eigener hätte sofort gemerkt, wenn ich irgendwo abschreibe.“
„Das war unvermeidlich.“ So fällt auch das Resümee von Dr. Georg Hermes aus. Der Steuerberater und UWT-Politiker aus St. Tönis denkt auch, dass dieser Schritt schon viel eher hätte erfolgen sollen. „Mit diesem Makel kann man das Amt nicht bekleiden. Als Bundeswehr-Chef steht er für ganz andere Werte.“ Ist Hermes am Ende sogar sauer auf den Ex-Verteidigungsminister? „Nein, auf keinen Fall. Er kann einem ja fast schon wieder leid tun.“ Ihn treibe die Frage um, warum zu Guttenberg das getan habe. „Er stand doch schon vor seiner Minister-Tätigkeit im Blickpunkt der Öffentlichkeit.“
„Es ist nicht okay, den Titel zu machen und die wissenschaftlichen Standards nicht einzuhalten.“ So reagiert Dr. Uwe Neukamp, Chef der Chirurgischen Abteilung im Willicher Katharinen-Hospital. „Die Promotion ist der höchste wissenschaftliche Grad.“ Die Position des Bundesverteidigungsministers sei ein Aushängeschild. „Herr zu Guttenberg kann ja jetzt nicht dauernd gegen die Protestwelle anlaufen. Jetzt muss er seine hohen moralischen Ansprüche auch leben.“ Es sei ein logischer, aber auch bedauerlicher Schritt.
Dr. Paul Schrömbges, Beigeordneter in Viersen und Lokalpolitiker in Willich, sieht das ähnlich: „Politisch war der Rücktritt nicht zu umgehen.“ Blamiert sei in der Affäre aber nicht nur Theodor zu Guttenberg, sondern auch die Universität Bayreuth. Dort habe nicht nur sein Doktorvater, sondern auch der Co-Korrektor gepennt.
„Entscheidend ist doch, ordentliche Literatur zu recherchieren und diese dann absolut penibel anzugeben.“ Das sagt Dr. Friedhelm Caspers, Chefarzt der Geriatrischen Abteilung im Tönisvorster Antoniuszentrum. Am Ende einer Promotion stehe schließlich der Nachweis, dass man wissenschaftliche arbeiten könne.
„Das hat man am ja auch an Eides statt versichert.“ Zu Guttenberg sei das nicht einfach mal so passiert („das kann nicht im Rahmen einer kurzfristigen geistigen Umnachtung geschehen sein“). Der Rücktritt sei in jedem Fall konsequent. Unverständlich findet der Mediziner zudem, dass die Doktorarbeit mit dem höchsten Lob („summa cum lauda“) ausgezeichnet wurde.
Dr. Norbert Weinhold aus Anrath, Mediensprecher der Willicher FDP, sieht die Sache zweischneidig. Denn mit Guttenberg verliere die Politik auch einen fähigen Mann, der schwierige Aufgaben wie die Bundeswehrreform angepackt habe. Die Konsequenz aus der Doktor-Affäre zu ziehen, sei aber unvermeidlich gewesen. Aus Sicht von Weinhold könnte dies aber nur die Spitze des Eisbergs gewesen sein: „Auf Bundesebene lassen sich sicher dutzende Politiker finden, deren Doktortitel fragwürdig ist.“