Heyes denkt noch nicht an Rente
Für den Willicher Bürgermeister ist „Halbzeit“ seiner laufenden Amtsperiode. Die Finanzen der Stadt machen ihm Sorgen.
Willich. Vor drei Jahren war die letzte Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen, in drei Jahren steht die nächste Bürgermeisterwahl an: Es ist „Halbzeit“ in der laufenden Amtsperiode von Josef Heyes. Im Gespräch mit der WZ zog der 63-Jährigen eine Bilanz der zurückliegenden Jahre, schaute auf anstehende Aufgaben — und äußerte sich zur Frage, ob er sich auch 2015 wieder zur Wahl stellen wird.
Westdeutsche Zeitung: Herr Heyes, Sie sind mittlerweile seit über zwölf Jahren hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Willich. Macht Ihnen der Job eigentlich noch Spaß?
Josef Heyes: So wie am Anfang bin ich immer noch mit ganzem Herzen dabei. Der Unterschied: Ich bin deutlich professioneller geworden. Heute bei einer Versammlung von 300 Menschen im Nikko Hotel in Düsseldorf ans Mikrofon zu treten, macht mir nichts mehr aus. Das war 1999 noch ganz anders, damals war ich viel nervöser. Mit Schrecken erinnere ich mich an eine meiner ersten öffentlichen Reden, als ein japanischer Geschäftsmann geehrt werden sollte und ich mich dabei mehrfach mit dem Namen verhaspelt habe.
WZ: Veränderungen gab es in den vergangenen Jahren aber auch in ganz anderer Form. So enorme Haushaltsprobleme, wie es sie seit der Wirtschaftskrise gibt, hat Willich in Ihren ersten Amtsjahren nicht gekannt.
Heyes: Das stimmt. Wir leben weiter vom Prinzip Hoffnung. Die Konjunktur hat ja angezogen, davon könnten wir im Laufe dieses Jahres bei den Steuereinnahmen profitieren. Doch aktuell sieht es noch düster aus: Die Ausgleichsrücklage ist bis auf 400 000 Euro aufgezehrt, das Defizit für 2011 liegt bei 4,9 Millionen Euro. Die Gesamt-Steuereinnahmen 2011 liegen neun Millionen unter den erwarteten 67 Millionen.
WZ: Was passiert denn, wenn sich das Prinzip Hoffnung nicht erfüllt?
Heyes: Dann müssen wir bei fast allen freiwilligen Leistungen massive Einschnitte machen. Alle Kommunen werden ans Messer gehen müssen, wenn sie von den enormen Kosten im sozialen Bereich weiter so aufgefressen werden. Man wird sich dann in Willich zum Beispiel fragen müssen, ob man sich die Schlossfestspiele noch leisten kann.
WZ: Aber Sie selbst sind doch ein Fan der Festspiele, oder?
Heyes: Sie sind ein großer Standortvorteil für die Stadt. Qualifizierte Bewerber heimischer Unternehmen fragen sich, wohin sie gehen, wenn sie nach Willich wechseln. Sind sie da in der Provinz? Oder wird ihnen auch kulturell etwas geboten? Die Festspiele sind in dieser Frage ein wichtiges Aushängeschild.
WZ: Das aber wohl nicht auf die Ortseingangsschilder der Stadt kommen wird?
Heyes: Kann sich zum Beispiel ein Anrather mit dem Begriff „Festspielstadt“ identifizieren? Innerhalb der CDU haben wir darüber noch nicht entschieden. Gewachsene Strukturen, so ist meine Meinung, darf man aber nicht durch übergestülpte Namensgebungen stören. Die „Festspielstadt“ als Begleitname zu führen, so wie bisher, das geht in Ordnung. Aber sie ganz offiziell zum Bestandteil des Stadtnamens zu machen und sie dann auch auf sämtlichen Briefköpfen der Stadt zu führen? Ich weiß es nicht — von den Kosten mal ganz abgesehen.
WZ: Ein Novum im vergangenen Jahr war der große Einfluss von Bürgerinitiativen. Die zweite Gesamtschule wurde erst auf Druck der Elternschaft gegründet, die Kastanien am Anrather Bahnhof erst auf Druck der Bürger erhalten. Was halten Sie davon?
Heyes: Diesen Schub bringen die neuen sozialen Netzwerke mit sich, die politische Wünsche viel besser als früher verdeutlichen können. Darauf müssen wir uns in der Politik einstellen. In Sachen Gesamtschule kann ich die Eltern auch sehr gut verstehen, sie wollen Klarheit für ihre Kinder haben. Dass Haupt- und Realschule so schnell aufgelöst werden, damit hatten wir Anfang 2011 aber noch nicht gerechnet. Für die damals diskutierten neuen Schulformen gab es ja nicht einmal Konzepte. So ist es nicht zur Gründung einer Sekundarschule gekommen. Gleichwohl habe ich die Sorge, dass vier gymnasiale Oberstufen in der Stadt Willich auf Dauer nicht zu halten sind. Vielleicht wäre später die Kooperation der beiden Gesamtschulen eine Lösung.
WZ: Und die Kastanien?
Heyes: Sind keine heiligen Kühe. Wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht, müssen sie gefällt werden. Das Engagement der Bürger um ihren Sprecher Cornel Nußbaum begrüße ich aber sehr.
WZ: Um in Anrath zu bleiben: Die Ortskern-Umgestaltung soll nach langer Wartezeit nun endlich losgehen. Auch in Alt-Willich wird schon seit Jahren davon geredet. Was kann die Stadt tun, um die Entwicklung künftig stärker anzutreiben?
Heyes: Wir haben die Aufgaben unserer Wirtschaftsförderung gerade neu festgelegt. Sie wird sich künftig auch um die Ortskerne kümmern. Wir sind schon dabei, einzelne Immobilien aufzukaufen. Ziel muss es sein, Leerständen entgegen zu arbeiten, Wohnen und Einzelhandel in Kooperation zu ermöglichen.
WZ: Die SPD hat vorgeschlagen, im Zuge der Umgestaltung in Anrath die Alleeschule als Bürgerzentrum neu zu nutzen.
Heyes: Wer soll denn das bezahlen? Die Betriebskosten könnte die Stadt auf Dauer nicht aufbringen. Beispiele wie der Wahlefeldsaal in Neersen zeigen, dass es auch anders geht. Und in Anrath steht ja auch die Josefshalle zur Verfügung.
WZ: Sollte der immer älter werdende Kaisersaal mal schließen, könnte es in Alt-Willich ein Problem geben.
Heyes: Das haben wir im Blick. Man muss schauen, wie man Ersatz schaffen kann. Ideen dazu gibt es, entsprechende Immobilien haben wir schon im Fokus. Da laufen aber noch schwierige Gespräche.
WZ: Herr Heyes, bei der nächsten Bürgermeisterwahl sind Sie schon im Rentenalter. Treten Sie trotzdem noch einmal an?
Heyes (lacht): Vor einigen Tagen gab es eine Rentenberatung der Rheinischen Versorgungskasse bei uns in der Verwaltung. Ich habe nicht teilgenommen, weil ja sonst doch jeder gesagt hätte: Der geht demnächst. Aber im Ernst: Im Moment würde ich das nicht entscheiden wollen. Ich müsste auf jeden Fall gesund bleiben und es müsste mir weiter Freude machen und mich fordern. Auf keinen Fall würde ich den Karren im Dreck steckenlassen. Ich möchte aber auch selbst bestimmen können, wann ich aufhöre.