Willich Hund Riku öffnet Vanessa Türen
Der Golden Retriever hilft der Anratherin im Alltag. Viele Leute aus der Umgebung spendeten Geld. So konnte Riku zwei Jahre lang in Kempen ausgebildet werden.
Anrath. Vanessa Lehmann ist in ihrem Zimmer und ruft, so laut es ihre Stimme hergibt, „Hilfe“. Keine Sekunde später läuft ihr Golden Retriever Riku zu einer Ecke neben dem Kleiderschrank, nimmt ein Gummisäckchen vom Fußboden auf, klemmt den Dummie zwischen die Zähne und läuft durch das Wohnzimmer, ein paar Stufen die Treppe hinauf in das Zimmer der Eltern. Die wissen nun Bescheid: Sie müssen augenblicklich nach ihrer Tochter sehen.
Ohne Rikus Einsatz würde es möglicherweise länger dauern, bis die Eltern auf eine „Notsituation“ ihrer Tochter aufmerksam geworden wären. Die junge Anratherin ist wegen spinaler Muskelatrophie (Muskelschwund) auf den Rollstuhl angewiesen. Vanessa, 27, kann nicht umhergehen, sich nicht bücken, nicht ihre Arme nach oben strecken. Beweglich ist lediglich ihre rechte Hand.
„Dass Riku hier ist, macht uns alle glücklich“, sagt Vater Hans Lehmann. Seine Tochter hat lange auf diesen vierbeinigen Helfer gewartet. 2013 war sie auf der Reha-Messe in Düsseldorf auf solche Servicehunde aufmerksam geworden. Die Stiftung „Hunde helfen Leben“ wurde Partner einer Spendenaktion, die über eine Facebookseite vorangetrieben wurde. Vor allem Anrather sagten ihre Unterstützung zu. 20 000 Euro mussten erzielt werden.
Seit Dezember lebt Riku in der Familie. Für Vanessa war es Liebe auf den ersten Blick, die sie mit einem Namenstattoo auf ihrem Unterarm verewigt hat. Die Wahl des Namens war kein Zufall: „Riku, so heißt auch der Gitarrist von Sunrise Avenue“, sagt sie und lacht.
In dem nachgestellten Ernstfall hat Riku gezeigt, wie wertvoll er ist. Er kann Lebensretter sein. Außerdem hat er viele lebenspraktische Tätigkeiten als Servi ehund drauf: Er kann Türen öffnen, indem er an Schlaufen, die um die Klinken hängen, zieht. Er betätigt Lichtschalter, hebt Dinge auf oder holt sie vom Tisch und bringt sie zu Vanessa.
Was Riku kann, hat ihm in einem intensiven, fast zweijährigen Training Dirk Kempken beigebracht. Er hat eine Hundeschule in Kempen, bildet unter anderem Blindenführhunde aus. Die Aufgabe, einen Hund für Vanessa zu finden und zu trainieren, sei eine Herausforderung gewesen: „Es musste ein sensibler und zugleich ein sehr selbstbewusster Hund sein, einer, der Vanessa nicht verletzt, zugleich aber eine Tür aufziehen kann.“ Golden Retriever, so Kempken, seien sensible Wesen.
Trotzdem war die Trainingsphase kein stetiges Vorankommen. Zu Beginn konnte der junge Hund bereits Türen öffnen, doch in seiner Pubertät, zwischen seinem ersten und zweiten Lebensjahr, gab es Rückschläge. So musste Kempken den Hund jeweils zwei Monate therapieren, nachdem ihn ein Radfahrer angefahren hatte und ein Mann, der aufs Handy geschaut und gestolpert war, auf den Golden Retriever gefallen war. „Riku hat mich Nerven gekostet“, sagt Hundetrainer Kempken.
Umso glücklicher ist auch er, dass Vanessa und sein Schützling nun so ein gutes Team sind. Der Übergang von dem einen Herrchen zum neuen Frauchen war fließend. Kempken: „Riku weiß, wo er herkommt und er weiß, wo er hingehört.“ Vanessa sei liebevoll konsequent, genau richtig. Die junge Frau strahlt: „Wenn Riku und ich unterwegs sind, sprechen die Leute mich an. Das war vorher nicht so der Fall.“ So ergeben sich viel mehr Kontakte. Riku öffnet eben nicht nur Türen.