Ihr Auftrag: Integration

Die Schweitzer-Schule in Anrath ist ein Ort „Gemeinsamen Lernens“.

Foto: Kurt Lübke

Anrath. Willkommenskultur in drei Worten? Nehmen wir doch den Zuruf eines Zweitklässlers aus der Albert-Schweitzer-Grundschule in Anrath. Er hatte, als Schulleiterin Barbara Jansen im vergangenen November ein Mädchen als neue Mitschülerin vorstellte, in die Klasse gerufen: „Wir mögen Neulinge!“

Das Mädchen, neun Jahre alt, wird damals kaum ein Wort verstanden haben. Aber, das darf man annehmen, es hat das Willkommen im Satz gespürt. Die Neunjährige stammt aus Albanien. Ihre Familie ist nach Deutschland gekommen, hat einen Asylantrag gestellt und möchte dauerhaft bleiben. Sie lebt seit Herbst in einer der Unterkünfte im Ort. Seitdem besucht das Mädchen die Schweitzer-Schule.

Dort kümmert man sich intensiv darum, dem Kind die deutsche Sprache nahe- und beizubringen, in Wort und Schrift, damit es dem Unterricht in der Klasse folgen kann. „Die Fortschritte sind enorm“, freuen sich Jansen und Claudia Wahl, die als Sprachbehindertenpädagogin auf umfangreiches Lehr- und Bildmaterial zurückgreifen kann. „Mit jeder Stunde merke ich, wie es mehr wird, die Äußerungen sind immer komplexer“, so Wahl. Ihr imponiert das mutige Mädchen. „Es hat am Montag im Erzählkreis sogar das Wort ergriffen.“

Die Grundschule ist seit Sommer Ort „Gemeinsamen Lernens“. Dort werden nun auch Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die im Stadtteil wohnen, unterrichtet. Zwei sind es zurzeit. Im Januar ist ein neunjähriger Junge, der aus Serbien stammt, aufgenommen worden. Jansen und Wahl sind darauf eingerichtet, dass es sehr schnell mehr werden können.

Die beiden Kinder werden fünf Stunden pro Woche aus dem Unterricht ihrer Klasse herausgezogen und gezielt in der deutschen Sprache geschult. Hinzu kommen weitere vier Wochenstunden Förderung in den Fächern Mathematik und Deutsch. Englisch, Sport, Musik und Kunst lernen sie gemeinsam mit ihren Mitschülern in der Klasse von Kathrin Groterhorst.

Der Alltag hat sich eingespielt. Sozialpädagogin Heike Hintzen und Schulsozialarbeiterin Maren Giebeler unterstützen die Arbeit. Schulleiterin Jansen: „Uns ist es wichtig, dass sich die Kinder heimisch fühlen und gute Beziehungen zu den Klassenkameraden entwickeln.“ Sie hat auch die Familien im Blick: „Die Mütter begleiten die Kinder zur Schule, nehmen viel Anteil.“

Hier erlebt die Rektorin ebenfalls in jeder Begegnung die sprachlichen Fortschritte. Die sind auch auf das Engagement Alfred Hüppmeiers zurückzuführen, Jansens Vater. Der Rentner, ein ehemaliger Lehrer, engagiert sich ehrenamtlich in der Schule, „unterrichtet“ die beiden Kindern und deren Eltern zwei Stunden pro Woche. „Wir versprechen uns viel davon, die Eltern mit ins Boot zu holen“, sagt Jansen. Wie begrüßt man sich? Wie meldet man sich am Telefon? Vokabeln rund ums Haus, Zahlen und Daten — all das wird eingeübt.