Tönisvorst In die SPD wegen Schulz und Trump?
Die Nominierung des Kanzlerkandidaten Martin Schulz hat dem Kreisverband neue Mitglieder beschert. Im Herbst hatte Trumps Wahl zu Neueintritten in NRW geführt.
Kreis Viersen. Wer „spd kreis viersen“ googelt, muss zuerst an Martin Schulz vorbei. Top-Treffer unter 37 800 Listen-Ergebnissen ist diese Anzeige: „Martin Schulz als Kanzler - Jetzt Mitglied werden - spd.de.“ Der designierte Kanzlerkandidat hat der EU ade gesagt und hypt nun die BRD.
Ein Mann, ein Name, viele Fans? Die Bundes-Genossen jubeln jedenfalls generationsübergreifend. Es geht ein Ruck durch die Reihen. Der junge Matthias Zeller (21) beispielsweise, Chef der Mannheimer Jusos, hatte unlängst allgemein für Aufsehen gesorgt, als er in die ARD-Morgenmagazin-Kamera jubelte: „Martin Schulz ist einfach eine geile Sau!“
Die Kandidatur des Ex-Präsidenten des Europäischen Parlaments ist innenpolitisch offenbar Motivation pur, wenn man sich etwa an die Bilder seiner Rede im Willy-Brandt-Haus erinnert, nachdem der SPD-Vorstand ihn als Kanzlerkandidaten nominiert hatte.
Aber drückt sich diese medial auf allen Kanälen verlinkte Begeisterung in Mitgliederzahlen vor Ort aus, in den SPD-Ortsverbänden im Kreis Viersen? Hans Smolenaers, Geschäftsführer des SPD-Kreisverbandes Viersen, sagt auf WZ-Nachfrage eindeutig: „Ja!“ Seit dem 1. Januar 2017 habe es kreisweit 18 Neueintritte gegeben, „davon 13 in der vergangenen Woche“. Leider könne er sie noch nicht Städten und Gemeinde zuordnen. „Neun Beitritte erfolgten online, sie werden erst zentral über Berlin erfasst.“ Er werde aber alle neuen Genossen anrufen und sie auch nach ihrem Beweggrund fragen. Smolenares ist sich sicher: „Das ist der Schulz-Effekt!“
Martin Schulz selbst notierte am Montag auf seiner Facebook-Seite: „Ich freue mich riesig über die Euphorie, die jetzt überall in der SPD zu spüren ist — und weit darüber hinaus. Das gibt Kraft! Und diese Kraft werden wir auch brauchen. Denn bis zur Bundestagswahl sind es noch 237 Tage. Wir haben keinen Sprint begonnen, sondern einen Langstreckenlauf.“
Helge Schwarz, Vorsitzender SPD in Tönisvorst, ist sich sicher, dass „der Schwung bis zur Wahl im September anhalten wird“. Ein ähnlich positives Grundgefühl innerhalb seiner Partei habe er zuletzt gespürt, als Hannelore Kraft angetreten sei. „Und nach ihrer viel beachteten Rede zur Love Parade.“ Kraft und Schulz seien beide sehr nah am Menschen.
In Tönisvorst erlebt die Partei Zuspruch aus der Bevölkerung. Schwarz: „Wir haben einen 16-jährigen Juso-Interessenten und einen Neueintritt. Außerdem haben uns nach der Schulz-Nominierung sechs, sieben Bürger ihre Zustimmung zugemailt: ,Gute Entscheidung’, sagten sie. Schulz sei ein Kandidat, der ,klare Kante’ spricht.“
Zum Schluss ein Rückblick auf Herbst 2016: Am 15. November veröffentlichte die Bundes-SPD folgende Schlagzeile: „Trump-Wahl führt zu Neueintritten“. Hunderte Bürger hätten sich entschlossen, Mitglied in der SPD zu werden. Die Anzahl von Neueintritten habe sich in NRW innerhalb kürzester Zeit verdoppelt.
Kreisweit war laut Hans Smolenaers ein solcher Effekt nicht auszumachen. Allerdings erinnert sich Helge Schwarz an drei oder vier Eintritte in den Ortsverband Tönisvorst, die auch damit begründet wurden, dass „sich in Amerika etwas in die falsche Richtung dreht“ — gegen die Freiheit gerichtet. „Das hat die Menschen aufgerüttelt. Sie wollen sich engagieren.“