Neersen „Jawoll“ — wir schwelgen in Erinnerungen
Viel Beifall gab es für Michael J. Westphal bei seinem Rühmann-Abend im Festspiel-Rahmen-Programm.
Neersen. Heinz Rühmann ist eine deutsche Leinwand-Legende. Kein Wunder also, dass bei den Schlossfestspielen das Gastspiel von Michael J. Westphal seit Monaten ausverkauft war: „Jawoll, meine Herr’n“ hieß es im Ratssaal, wo Westphal auf den Spuren des großen Schauspielers „einen Abend voller Ernst und Komik, zum Lachen und Weinen“ bieten wollte, wie es im Programmheft heißt.
Nun, den schnoddrig-lausbübischen Ton des Rühmanns der 1930er und 40er Jahre beherrscht er auf jeden Fall sicher. Ob als Watson/Macky in „Der Mann, der Sherlock Holmes war“ oder als „Pfeiffer“ (mit drei f) in der „Feuerzangenbowle“ — blitzschnell wechselt Westphal Rollen und Kostüme, tritt mal mit Fliege und Zylinder, mal in Uniformjacke und Kapitänsmütze auf dem Kopf vors Publikum. Wobei er nicht immer nur Rühmann-Rollen spielt: Bei längeren Passagen aus der Feuerzangenbowle etwa mimt er den Direktor Knauer („Zeus“) ebenso wie Professor Crey („Schnauz“) und dessen berühmten Satz „Jeder nor einen wönzigen Schlock“.
So etwas gefällt den Besuchern natürlich. Und es gefallen ihnen auch die vielen bekannten Schlager, bei denen man munter mitklatschen kann. „Jawoll, meine Herr’n“, „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“, „Ein Freund, ein guter Freund“, „Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frauen“ — es ist schon bemerkenwert, wie viele Ohrwürmer der große kleine Komiker in seiner Karriere gesungen hat.
Westphal läßt es sich auch nicht nehmen, als „Charleys Tante“ in Frauenkleidern und mit Fistelstimme den „Amazonas-Mambo“ anzustimmen. Gut ergänzt wird er in solchen Teilen des Programms von Uli Schmid am Klavier, der auch selbst in kleine Rollen schlüpft — oder das Publikum bei „Bruder Jakob“ dirigiert.
Wenig erfahren die Gäste allerdings von der sehr vielschichtigen Persönlichkeit Heinz Rühmanns. Zwar erzählt Westphal in seinen — sparsamen — Begleittexten von dessen erfolglosen Anfängen als tragischer Held am Theater und von seinen vergeblichen Versuchen, ein paar Zentimeter an Größe zu gewinnen.
Doch Rühmanns ambivalentes Verhältnis zum Nationalsozialismus, sein Mitwirken in Durchhalte-Filmen wie „Quax der Bruchpilot“ oder seine schwierigen ersten Jahre in der Nachkriegszeit wird beim bloßen Schwelgen in Erinnerungen völlig ausgeblendet. Und auch den Wandel des Komikers zum Charakterfach bringt Westphal nicht glaubhaft rüber: Sein Schuster Voigt aus „Der Hauptmann von Köpenick“ klingt kaum anders als der Pfeiffer.
Schade. Daraus hätte man mehr machen könnte. Nett war’s trotzdem — und das Publikum war zufrieden und sparte nicht mit Applaus.