JVA: Neubau drängt
Die Unterbringung der Häftlinge in Anrath ist alles andere als zeitgemäß.
Anrath. Das Thema „Neubau“ brennt Beate Peters auf den Nägeln. Die Juristin ist Leiterin der Justizvollzugsanstalt Willich I für Männer und wartet dringend darauf, dass die Pläne, die seit zirka vier Jahren in der Schublade liegen, endlich in die Tat umgesetzt werden.
Die Unterbringung der Gefangenen in dem ehemals preußischen Gefängnis aus dem Jahr 1906 und den beiden angegliederten Untersuchungshaftanstalten in Mönchengladbach und Krefeld entspricht längst nicht mehr den heutigen Anforderungen. Jährlich reichen zirka 20 Inhaftierte Klagen wegen „menschenunwürdiger Unterbringung“ ein und verlangen Schmerzensgeld.
Die Einzelhaft sollte laut Paragraph 18 des Strafvollzugsgesetzes die Regel sein. „Aber dafür haben wir nicht genügend Platz. Gemeinschaftunterbringung von Gefangenen dürfte es nur geben, wenn dem Haftraum ein separater Toiletten- und Waschraum angegliedert ist“, erläutert Beate Peters.
Die „Wohnklos“ auf 7,5 Quadratmetern, in denen der Toilettentopf nur durch einen Sichtschutz abgetrennt ist, dürfen eigentlich nicht mit zwei Häftlingen belegt werden. Zu eng sind auch die Vier-Mann-Zellen, die 16 Quadratmeter groß sind.
Sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenwürde beschäftigt sich mit solchen Haftbedingungen, wie sie in Anrath nicht selten sind.
Auch die Sport- und Freizeiträume reichen nicht aus. „Wir haben jetzt schon einen Teil der Sporthalle mit Geräten für den Kraftsport abgetrennt“, sagt Peters . Die Folge: In der verbleibenden Halle kann maximal Tischtennis gespielt werden, an Hallenfußball etwa sei nicht zu denken.
Sport ist nämlich kein Luxus für die Gefangenen, die teilweise bis zu 23 Stunden in ihrem Haftraum verbringen müssen. Hierbei können sie ihrem Bewegungsdrang nachkommen, sich auspowern und Aggressionen abbauen.
Unter der räumlichen Situation leidet auch das Arbeitsangebot, das den Gefangenen geringe Verdienstmöglichkeiten in der Anstalt bietet und sie auf ein Leben nach der Haft vorbereitet. „In diesen Häusern lässt sich kein vernünftiger Strafvollzug durchführen“, sagt Peters.
Im Justizministerium heißt es auf Anfrage, der Neubau in Anrath genieße zusammen mit dem für Münster oberste Priorität. „Das höre ich jetzt seit drei Jahren“, sagt Peters, die die Anstalt seit fast vier Jahren leitet.
Ein Ausweichen der Männer in das ehemalige Frauengefängnis sei ebenfalls nicht möglich. „Das Haus ist voller Milben und Schimmel“, sagt sie. Der Grundwasserspiegel sei hoch auf dem Gelände, die alten Mauern bereits morsch.
„Bevor der Landeshaushalt nicht verabschiedet ist, können wir nicht über einen Baubeginn entscheiden“, sagt Peter Zerwinki von der Pressestelle des Justizministeriums in Düsseldorf.