Kastanien: Gefühl gegen Kalkül
Bürger sehen in ihnen erhaltenswerte Naturdenkmäler. Die neun Bäume haben ihren Lebenshorizont überschritten, sagt die Stadt.
Anrath. Die Stimmung war zeitweise gereizt, eine Annäherung zeichnete sich nicht ab. Bei der Initiative zum Erhalt der neun Kastanien am Anrather Bahnhof kam Enttäuschung auf. Rund 60 Bürgerinnen und Bürger waren am Donnerstag in die Gaststätte Schmitz-Mönk gekommen, um sich mit der Verwaltungsspitze auszutauschen.
Bürgermeister Josef Heyes machte unmissverständlich klar, dass er vor allem vor dem Hintergrund der schlechten Haushaltslage keine 2500 Euro im Jahr in die Hand nehmen werde, um das Leben der Kastanien um bis zu 15 Jahre zu verlängern.
„Man hängt mit dem Herzen an den Kastanien“, sagte eine ältere Dame. Die rationalen Informationen der Stadt kamen bei so viel Emotionalität nicht gut an. Horst Meister vom BUND sprach von einer „Frechheit“. Er meinte den Vorschlag von Bürgermeister Josef Heyes, der BUND könne ja die Verantwortung für die maroden Bäume übernehmen.
Die Technische Beigeordnete Martina Stall verwies auf ein vorliegendes Gutachten, in dem den Kastanien Mängel in den Kronen attestiert werden. Heyes erklärte Folgendes: „Diese neun Kastanien in einem Wald wären kein Problem.“ Aber an ihrem Standort sei die Verkehrssicherungspflicht ein beherrschendes Thema. Die Bäume hätten ihren Lebenshorizont überschritten.
Der Bürgermeister sprach sich für die Neuanpflanzung von Hainbuchen aus und für eine Fällung der neun Kastanien. Innerhalb der nächsten 15 Jahre rund 37 500 Euro in den Erhalt der Kastanien zu investieren, lehnte er ab. Für Horst Meister und die Mitglieder der Bürgerinitiative wäre das Geld dagegen sehr gut angelegt. Martina Stall erklärte, dass im Kaufvertrag mit der Bahn kein Termin stehe, wann die Kastanien gefällt werden müssen.
Horst Meister schlug vor, einen Gutachter, der nicht aus der Region kommt, zu beauftragen. Manfred Fabianke hat am 25. Oktober bei der Kreisverwaltung beantragt, die neun Bäume als Naturdenkmale anzuerkennen.
Heyes gab zu verstehen, dass er eine entsprechende Entscheidung des Kreises akzeptieren würde. Ansonsten zeigte er der Initiative die Möglichkeit auf, einen Bürgerantrag zu stellen. Der könnte, falls er rechtzeitig eingeht, am 29. November im Umweltausschuss auf der Tagesordnung stehen. Bis dahin werde die Fällung auf keinen Fall durchgeführt. Martina Stall erklärte, dass die Verwaltung zu einem etwaigen Bürgerantrag eine Stellungnahme abgeben würde.
Cornel Nußbaum und seine Mitstreiter werden nächste Woche den Bürgerantrag inhaltlich abstimmen. Bis zum 18. November muss der Antrag eingereicht werden.
Uli Winkler (SPD) begrüßte es, dass dann „demokratisch und öffentlich entschieden werden würde“. Eine Entscheidung - wie immer sie auch ausfallen möge, müsste die Initiative dann akzeptieren. Deren Sprecher Cornel Nussbaum gab sich kämpferisch: „Ich hoffe, dass wir die Bäume retten können.“