Meinung Eine abgefahrene Idee
Am traurigsten ist die Resignation, die im Abgesang auf das Vorzeigeprojekt von einst aus Schulleiter Paul Birnbrich spricht. Die tiefe Enttäuschung, dass die „Straßenbahn“-Idee des Michael-Ende-Gymnasiums, für die die Schule zurecht gefeiert wurde, beerdigt werden musste.
Und nun muss sie durch den Rückbau der Gleise und Fundamente auch noch kostspielig eingeebnet werden. Ein Kraftakt für nichts.
Was hatte sich das MEG vor Jahren getraut! Eine tonnenschwere Straßenbahn aus Krefeld nach St. Tönis gezogen, finanziell und mit Maschinenkraft. Um sie als ultracooles Oberstufencafé mit eigener Verzierung zur eigenen Linie zu machen. Verträge, Vorschriften und Verantwortung, alles wurde gestemmt. Aus Idealismus, Euphorie, Teamgeist. Damit versetzt man Berge. Und Bahnen.
Besucher hat die Straßenbahn baff gemacht. Da hatte die Schule für ihre Schüler etwas hingestellt, um das sie viele im Umkreis beneidet haben dürften.
Dann aber kamen welche, die die Bahn zu ihrer Zielscheibe machten. Sie demolierten sie. Nicht einmal. Nicht zweimal. Dutzende Male. Schule und Schulleiter haben immer wieder die Bahn reparieren lassen. Irgendwann gingen die Ersatzteile aus. Und die Geduld. Und dann war sie tatsächlich wieder weg: Die Bahn – Treffpunkt, Anziehungspunkt. Statt Haltestelle Endstation! Nicht mehr haltbar. Nur noch Schrott.
Ich verstehe die Enttäuschung sehr gut. Vor allem, wenn jetzt fast 5000 Euro aufgewandt werden müssen, um ungewollt abzuwickeln, was andere Übles angerichtet haben.
Aber darf nach einem so tollen Projekt nur noch Resignation Raum greifen? Nein!
Die Bahn-Idee war klasse. Sie war mutig. Sie kam an. Wie viele schöne Geschichten und Situationen es um die Bahn gegeben hat. Die muss man, wenn nicht schon passiert, festhalten. Aufschreiben. Zeichnen. Dokumentieren. Die Erinnerungen einfangen – für sich und alle, die das schöne Intermezzo der Linie nicht miterleben durften.
Rückbaustellenparty? Erinnerungstafel? Geschichten- oder Fotoband? Diese abgefahrene St. Töniser Straßenbahn-Idee sollte im letzten Kapitel nicht sang- und klanglos abgewickelt werden. Die Schule hat die Daseinsberechtigung des achtachsigen Gelenktriebwagen Nr. 819 schließlich kreativ und gesellig um einige Jahre verlängert. Am Ende der Reise darf nicht nur Resignation stehen. Wehmut schon.