Tönisvorst Lange Diskussion um den Haushalt

Das Zahlenwerk passiert den Stadtrat. Der Ton wird rauer: Es gab zuvor heftig geführte Diskussionen.

Tönisvorst. Es war eine eher „klebrige“ Angelegenheit. Der Tönisvorster Stadtrat quälte sich regelrecht durch seine Tagesordnung, bis er nach geraumer Zeit beim wichtigsten Punkt angekommen war: der Verabschiedung des städtischen Haushalts. Und selbst hier war die derzeit ungute Stimmung zu spüren (siehe Kommentar), die kleineren Fraktionen in Gestalt von FDP und Grünen klagten darüber, von den Vertretern der Großen keine Rückmeldung bekommen zu haben, ob man beispielsweise auf Haushaltsreden verzichten wolle.

Das wollte die CDU ganz und gar nicht. „Ich möchte Sie alle herzlich zu einer kleinen Stadtrundfahrt einladen“, erklärte Christian Rütten, Fraktions-Chef der Union. Er nutzte die Gelegenheit zu grundsätzlichen Erklärungen: „Wir wollen flache Hierarchien. Wir wollen die Eigenverantwortung der Mitarbeiter (gemeint ist die Stadtverwaltung; Anm. d. Red.) stärken“ und „Wir wollen die Effizienz beim Ressourceneinsatz erhöhen“. Man habe den Haushalt intensiv durchgearbeitet, aber nicht die eine große zur Lösung des Problems gefunden. „Wir haben uns deswegen entschlossen, dem Haushalt wie er jetzt ist, zuzustimmen.“

Rütten wechselte aber auch in die „Abteilung Attacke“. Die Bereitschaft bei SPD und Grünen, eine Änderung herbeizuführen, sei nicht vorhanden. „Lieber wird á la Martin Schulz populär herumschwadroniert.“ Den von den Grünen vorgeschlagenen „Winterdienst auf Probe“ nannte er „Kokolores“. Ein klares Bekenntnis zum Schwimmbad und die Zusage an die Stadtverwaltung, die Spielplätze zu erhalten und fit zu machen, gehörten ebenso zu seinem virtuellen Stadtrundgang wie die Ansage, jeder Euro in Kindergärten, Schulen und Bildung sei richtig investiert.

„Ich bin immer noch ganz atemlos“, erwiderte Achim Kremser (SPD). Und zeigte sich ähnlich angriffslustig: „Ein Jahr war die CDU abgetaucht“. Er machte darauf aufmerksam, dass die Stadt lediglich 20 Prozent des Haushaltes beeinflussen könne. Kremser plädierte dafür, deutlich stärker mit dem Kreis zu kooperieren. „Wir sollten Fördertöpfe nutzen und anzapfen“, so Kremser. Er räumte gleichzeitig ein, dass die Kommunen finanziell nicht fair ausgestattet seien. Hier sei die Kommunalpolitik gefragt, bei ihren Abgeordneten in Bund und Land vorstellig zu werden.

Kremser macht gleichzeitig auf ein strukturelles Problem aufmerksam: Während die Stadt Tönisvorst nicht wisse, wie sie beispielsweise Flüchtlinge unterbringen solle, werde an der Stadtgrenze, nämlich im Forstwald, für mehrere 100 000 Euro nicht genutzte Unterkunft abgebaut. Und auch vor dem Einzelhandelskonzept machte er nicht Halt. „Das sollte man einstampfen“, forderte er. Weiterer Kritikpunkt: Die Überprüfung der Wasserschutzzonen sei immer noch nicht angegangen worden. Nicht zuletzt monierte er, dass den Vereinen jede Menge Kosten aufgebürdet werden, Stichwort: Sicherheit.

„Ich wusste nicht, dass die CDU ihr neues Parteiprogramm vorstellt“, eröffnete Torsten Frick (FDP) seinen Kommentar zum Haushalt. Er macht auf dessen Problem aufmerksam: „Wir müssen 2,5 Millionen mitbringen, damit wir bei Nichts landen. Das ist nicht in Ordnung.“ Er sehe das Problem, dass vor den nächsten Wahlen Steuererhöhungen anstünden. Man müsse runter von der „Wünsch Dir was“-Mentalität. „Die Stadt ist sonst in 17 oder 18 Jahren pleite.“ Frick forderte außerdem, die Kommunikation zwischen den Fraktionen aufrechtzuerhalten.

„Alles in diesem Haushalt ist erklärbar und logisch“, sagt Michael Lambertz von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWT). Und dennoch habe er wieder dieses Déjà-vu-Erlebnis. „Wie beim letzten Mal“, so Lambertz. Themen wie das Schwimmbad oder die Stadtbücherei würden nicht angefasst. „Die Tatsache, dass sich in einem Konsolidierungskonzept stehen, heißt doch noch nicht, dass sie geschlossen werden“, so Lambertz. „Es gibt nicht die eine Position im Haushalt, die entscheidend ist“, erklärte er. Vielleicht biete eine erweiterte Budgetierung hier eine Chance. Er monierte, dass die Abschlüsse für 2015 und 2016 noch fehlten.

„Selbst wenn man rechnet, dass der Soli nur bis 2019 gezahlt würde, fehlen immer noch drei Millionen“, sagte Herbert Derksen für die Gemeinschaft Unabhängiger Töniservorster (GUT). Der Kreis mahne zurecht an, dass die Grenzen der Einnahmen ausgelotet werden müssten. „Das hier ist keine Konsolidierung sondern eine fortlaufende Insolvenzverschleppung“, so Derksen.

„Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung. Aber bevor wir unsinnige Anträge stellen, stellen wir lieber keine“, erklärte Jürgen Cox für die Grünen. Seine Fraktion werde dem Haushalt zustimmen. „Aber im nächsten Jahr kommen wir sicher nicht um Steuererhöhung herum“, warnte er.

Es folgte eine zähe Diskussion über Änderungsanträge, bis hin zu einem in Gespräch gebrachten Sperrvermerk über sage und schreibe 2000 Euro. Und am Ende wurde der Haushalt mit einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen verabschiedet.