Lebensretter blickt zurück
Josef Levels ist 85 Jahre alt. Etliche Menschen verdanken ihm ihr Leben. Etwas darauf eingebildet hat er sich nie.
St. Tönis. Die Levels sind eine am Niederrhein fest verwurzelte Familie. Überregional dürfte vor allem Fortuna-Verteidiger Tobias Levels bekannt sein. Aber abseits vom Spitzensport feierte Josef Levels vor kurzem in der Apfelstadt seinen 85. Geburtstag. Paradoxerweise holt ihn gerade jetzt seine Jugend wieder ein.
Mitten im Zweiten Weltkrieg, als in der Halle 24 des Stahlwerks Becker in Willich noch Panzer gebaut wurden, wurde er das erste Mal zum Lebensretter.
Mit einem soliden Arbeitsschutz nahmen es die NS-Behörden damals nicht so genau. Josef Levels machte in den Jahren 1943/44 eine verkürzte Ausbildung und arbeitete in den Panzerhallen, wo auch viele Zwangsarbeiter schuften mussten.
Anders als diese bekam der junge St. Töniser immer genug Mittagsstullen von seiner Mutter geschmiert. Als er aber sah, unter welchem Hunger die Zwangsarbeiter litten, bat er seine Mutter darum, ihm doch in Zukunft ein paar Scheiben mehr zu machen. Diese verteilte er heimlich, was strengstens verboten war.
Doch Josef Levels hatte Glück und kam durch. Davon profitierten auch andere. Andernfalls hätte Ulrich Beckers, heute 50 Jahre alt, ihm nicht zum 85. Geburtstag gratulieren können. Im Alter von fünf Jahren war Ulrich 1969 im Schwimmbad von St. Tönis, um das „Seepferdchen“ zu machen. Er schaute dabei größeren Kindern zu.
Als diese am Ende ihres Trainings vergnügt ins Becken sprangen, sprang der Kleine hinterher. Doch niemand bemerkte das Kind, das im drei Meter tiefen Becken versank. Josef Levels machte gerade als Schwimm-Obmann noch einen Rundgang. Erst auf den zweiten Blick erkannte er etwas im Wasser.
„Nicht umsonst hatten die Kinder damals rote Badehosen an“, erzählt er. Levels sprang ins Wasser und holte den Jungen an Land, der bereits das Bewusstsein verloren hatte. Das Kind konnte gerettet werden.
An einem Sonntag 1993 traf er sich mit zwei Freunden zum Skat in der Stammkneipe. Als sie aus dem Lokal herauskamen, sahen sie plötzlich einen Mann, der in seinem Rollstuhl auf der Straße stand. Es war ein bewölkter Tag und der Mann trug ein langes Regencape. Zu lang, wie sich zeigte: Die Jacke hatte sich in der Mechanik des Rollstuhls verfangen.
Der alte Mann wäre um ein Haar erstickt, hätte Josef Levels nicht ein Messer dabei gehabt und das Cape rasch durchtrennt. Der Mann wurde lebend, aber mit fünf Rippenbrüchen ins Krankenhaus gebracht.
Stolz empfindet Josef Levels wegen seiner Taten nicht. „Was eingebildet habe ich mir darauf nie“, sagt er. „Meine Frau hätte davon auch nichts gehalten.“