Marienheim: Kran statt Kastanie

Der große Baum ist gefällt worden. Die Stadt erfuhr erst davon, als die Kastanie schon abgesägt war.

St. Tönis. Die Jahrzehnte alte, große Kastanie müsse auf jeden Fall erhalten bleiben. Dies war beim Neubau des Kindergartens Marienheim immer wieder von Kommunalpolitikern und Stadtverwaltern zu hören.

Im Bebauungsplan war die Kastanie an der Ecke Rue de Sees/Am Marienheim als erhaltenswert festgeschrieben worden. Auch die katholische Pfarrgemeinde St. Cornelius war stets vom Erhalt ausgegangen. Dies ist jetzt alles das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben war: Vor zwei Wochen wurde die Kastanie gefällt.

Architekt Franz Hagdorn begründet die Fällung so: Jüngste Untersuchungen hätten ergeben, dass das Wurzelwerk des großen Baumes bis in die in den nächsten Wochen gegossene Betonplatte hineinreichen und dies zu Rissen führen könnte.

Man hätte zwar das Wurzelwerk beschneiden können, dann wäre die Standsicherheit des Baumes aber nicht mehr gewährleistet gewesen. Daraufhin habe man sich an Ort und Stelle, so Hagdorn, für die Fällung entschieden: „Zumal es in Tönisvorst ja keine Baumschutzsatzung gibt.“

Ferner eigne sich dieser Eckbereich, führt der Architekt weiter aus, am besten für die Aufstellung des großen Baukrans, der auch zwischenzeitlich dort steht. Hagdorn sicherte zu, dass an gleicher Stelle nach Fertigstellung des Neubaus ein alter Baum gesetzt werde: „Dort wollen wir rings herum wie vorgesehen auch eine Sitzgelegenheit schaffen, auf der Mütter oder Väter auf die Kinder warten können.“

Von einer „sehr unbefriedigenden Situation“ spricht der Vorsitzende des Umweltausschusses, Helge Schwarz: „Nach meinem Verständnis ist die Kirche der Bewahrung der Schöpfung und somit auch der Umwelt verpflichtet, den Kran hätte man auch anders stellen können.“

Schwarz kann die Fällung nicht nachvollziehen, zumal in allen Plänen stets am Standort der Kastanie nicht gerüttelt und wegen der Kastanie sogar der Bau des Kindergartens etwas zurückgesetzt und angepasst worden sei.

Ist die Stadt hier vor vollendete Tatsachen gestellt worden? Dies fragen sich Schwarz und der Vorsitzende des Kirchenvorstandes von St. Cornelius, Raimund Bienbeck. Die Stadt sei, so Bienbeck, deswegen nicht an den Kirchenvorstand herangetreten.

Allerdings zeigt er auch ein gewisses Verständnis für die Fällung, wenn „dies nicht anders möglich gewesen ist“. Im Übrigen betonte er, dass nicht die Kirche, sondern ein privater Investor der Bauherr des neuen Kindergartens sei.

Hat die Stadt erst von der Fällung erfahren, als die Kastanie bereits der Motorsäge zum Opfer gefallen war? Dies bestätigt die städtische Pressesprecherin Catharina Perchthaler: „Wir haben dies erfahren, nachdem es bereits passiert war.“

Eine wertgleiche Ersatzpflanzung müsse der Eigentümer übernehmen. In welcher Größenordnung dieser ökologische Ausgleich zu schaffen ist, konnte sie nicht sagen. Die dafür zuständige Mitarbeiterin sei erst wieder am Montag im Büro.