Michael Köhler: Ein Willicher Gipfelstürmer
Der Bergsteiger Michael Köhler will oft hoch hinaus – bis auf über 7000 Meter.
Willich. Eigentlich möchte Michael Köhler lieber über seine Tour erzählen. Von seinen Erlebnissen. Die sind schließlich interessant genug. Der Willicher Bergsteiger war wieder unterwegs. Diesmal im Karakorum, dem gewaltigen Bergmassiv im Grenzgebiet zwischen Pakistan, Indien und China. Köhler redet schnell, ohne Pause. Man fiebert mit, wenn er von Stürmen auf über 6000 Metern erzählt, die Zelte verschwinden lassen. Vom Rauschen der Lawinen - oder vom Anblick des K2, "der uns direkt gegenüber lag". Und spätestens dann muss er auf die Schattenseiten seines Hobbys zu sprechen kommen. Die Tragödien, die gerade in diesem Jahr durch die Medien gingen - zuletzt das Drama am Mont Blanc Anfang dieser Woche.
Der Tod klettert mit: Fast zeitgleich, als der 43-Jährige und sein Freund Jörg Stingl den Chogolisa, einen 7668 Meter hohen Riesen, in Angriff nahmen, starben am K2 zwölf Bergsteiger. "Als wir wieder unten waren, haben uns Träger davon erzählt. Sowas spricht sich schnell herum." Köhler kann die Medienhysterie nicht ganz verstehen. Viele würden sich dazu äußern, die gar keine Ahnung hätten. "Es war Pech", betont er immer wieder, nüchtern sachlich. Ein Restrisiko bleibe immer, auch bei ihm. "Man versucht, nicht daran zu denken. Bei mir klappt das." Natürlich gebe es Leichtsinnige. "Aber in diesem Fall war das nicht so." Und: "Es ist klar, dass es mehr Tote gibt - weil eben auch immer mehr Leute bergsteigen wollen."
Köhler, dessen braungebrannte Haut in krassem Kontrast zu den hellblonden Haaren steht, gerät in Rage. "Da wird hier groß und breit darüber berichtet, dass Bergsteiger umgekommen sind." Über die schwierige Situation der Menschen in Pakistan würde hierzulande aber kaum etwas in die Medien kommen. Die Bevölkerung leide unheimlich unter dem Kampf der Armee gegen Al Quaida, so der Willicher. "Das ist total kontraproduktiv. Regelmäßig sterben Zivilisten bei Luftangriffen. Auch der Bruder eines Trägers von uns."
Bei seiner Tour in der Region lief nicht alles glatt. Das Wetter war zu schlecht, zwei Wochen hingen sie fest. "Wir konnten lesen, essen und spazieren gehen", sagt der Musiklehrer und schmunzelt, "das kann einem auf die Nerven gehen." Der Plan musste geändert werden. "Bei einem Sturm wurde unsere Ausrüstung verstreut - einschließlich gefüllter Gas-Kartuschen. Legen Sie die mal bei einem unserer Herbststürme nach draußen: Die bleiben einfach liegen. Da kann man sich ausmalen, was das im Karakorum für Stürme sind."
Statt Chogolisa hieß das Ziel jetzt Gondoro-La, ein Hochpass auf über 6000 Meter - auch als "Ersatz-Veranstaltung" ein großes Erlebnis. Angst? "Habe ich nie gehabt." Dann schmunzelt Köhler wieder. "Also ich habe mich auf dem Berg sicherer gefühlt, als im pakistanischen Straßenverkehr."