Umstrittenes Bahnprojekt in Mönchengladbach, Willich und Viersen S 28: Die Gegner der Verlängerung werden lauter
Mönchengladbach/Willich · Die Einigung Mönchengladbachs mit Willich und Viersen über die Westverlängerung der S28 auf Gladbacher Gebiet sorgt für Unruhe. Es geht um Landschaftsschutz, Tiere, Lärm – und einen Urwald im Gleisbett.
. (angr/msc) Über 2,3 Kilometer zieht sich ein Streifen durch den Norden Mönchengladbachs, der in weiten Teilen zugewuchert ist. Dass dort Bahnschienen liegen, kann man nur an wenigen Stellen noch erkennen. Es gibt viele Menschen, die wollen, dass dort wieder Züge fahren. In Willich beispielsweise, denn aus Schiefbahn und Neersen könnten Pendler so viel schneller in Neuss oder Düsseldorf sein. Aber es gibt auch Menschen, die strikt dagegen sind. Es geht um die Verlängerung der Regiobahn S28.
Der Kreis Viersen und einige seiner Kommnen dringen auf die Westverlängerung der Bahnlinie, die derzeit in Kaarst endet. Sollte sie bis Viersen fortgeführt werden, dann würde die Linie um 14,2 Kilometer verlängert, und es gäbe Haltepunkte in Schiefbahn und am Rande Neersens, in der Nähe des Gladbacher Flughafens. Ein Problem für manche Mönchengladbacher: 2,3 Kilometer der vorgesehenen Strecke auf Gladbacher Gebiet, im Bereich der Donk, nicht weit von Neersen und Viersener Stadtgebiet entfernt. In einem sogenannten Letter of Intent, also einer Absichtserklärung, haben sich der Kreis Viersen und die Städten Mönchengladbach, Viersen und Willich nun darauf verständigt, dass die Westverlängerung zügig geplant und realisiert werden soll auf der vorhandenen Trasse. Also auch auf jenen 2,3 Kilometer in der Donk, auf denen schon seit Jahrzehnten kein Zug mehr fährt – wo aber noch Gleise im Dickicht liegen.
Einer von jenen, die verhindern wollen, dass durch die Donk wieder Züge rollen, ist Georg Walendy. Der Unternehmer (Alberto) sitzt in einem Konferenzraum in der Unternehmenszentrale an der Rheydter Straße. An den Wänden hängen mehr als ein Dutzend Fotos, auf denen vor allem viel Grün zu sehen ist. „Ich liebe die Niersauen als Naherholungsgebiet. Die Natur ist dort mehr als 50 Jahre lang gewachsen. Wenn dort die Bahnlinie reaktiviert wird, dann wird die Natur dort zerschnitten“, sagt Walendy. „Ich finde, dass die Natur bei den Planungen viel stärker im Vordergrund stehen müsste.“
CDU-Politiker: „Hier soll es den Tieren an den Kragen gehen.“
Walendy ist kein Anwohner, aber er hat einen alten Bauernhof auf Viersener Grund rund 200 Meter von der Trasse entfernt. Er betont, es gehe ihm dabei noch nicht einmal um den Lärm, sondern um den Schutz der Landschaft. Walendy ist die gesamten 14,2 Kilometer mit dem Fahrrad abgefahren und hat fotografiert, wie die Natur die Trasse erobert hat. „Mir geht es um die Landschaft, die Grünflächen und Radwege“, sagt er. „Kaum einer weiß, wie sich die Trasse durch die Natur schlängelt. Wir müssen deshalb aufklären, was da wirklich geopfert werden soll.“
Tatsächlich, der Bereich ist im gültigen Landschaftsplan der Stadt als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Macht es das unmöglich, dass dort eines Tages wieder Züge fahren? Wahrscheinlich nicht, denn die Strecke wurde nie offiziell entwidmet, und im Flächennutzungsplan ist die Trasse auch noch lila eingefärbt. Diese Farbe steht für „Flächen für den Bahnverkehr“. Daran ändert auch nichts, dass die Stadt neue Bebauungspläne aufstellen will für den Radschnellweg über Willich nach Krefeld, der ja auch auf ungefähr einem Kilometer über die Trasse verlaufen soll. Beides sei miteinander vereinbar und müsse bei Aufstellung der Pläne sicher gestellt werden, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Die wird ab Ende Mai nun auch in der Mönchengladbacher Politik beraten. In der Sitzung der Bezirksvertretung Ost etwa soll die Erklärung diskutiert werden. Einer, der dann mitredet, ist CDU-Politiker Willi Schmitz, Bezirksvertreter und Ratsherr. Er betont: „Die CDU Neuwerk lehnt die S28 quer durch die Donk ab, die Anwohner sind strikt dagegen.“
Man habe das Thema schon für erledigt gehalten, doch nun komme Unruhe auf im Stadtteil durch die Absichtserklärung. An Christi Himmelfahrt hatte er deshalb einen „Waldspaziergang“ organisiert, eine Kundgebung bei der Polizei angemeldet. Etwa 150 Teilnehmer marschierten am Donnerstag durch das Dickicht und liefen die 2,3 Kilometer Trasse auf Gladbacher Grund ab. „An vielen Stellen gibt es richtigen Urwald, wo alles so eng bewachsen ist, weil dort 50 Jahre kein Mensch mehr war“, sagt Schmitz.
In der gemeinsamen Erklärung ist von einem Planfeststellungsverfahren die Rede, in dem alle öffentlichen und privaten Belange „intensiv bewertet und abgewogen“ werden sollen, wozu auch die Interessen der Wohnbevölkerung nach Lärmschutz, die Belange von Natur und Landschaft sowie Belange des Artenschutzes gehörten. Geht es nach Willi Schmitz, ist die Sache klar: „Hier soll es den Tieren an den Kragen gehen.“