Noffz Technologies in Tönisvorst Verjüngungskur bei Noffz
Tönisvorst. · Generationswechsel in Tönisvorst: Gründer Wilfried Noffz zieht sich zurück, sein Sohn Tobias wurde zum Geschäftsführer bestellt. Die Corona-Krise hat die Firma hart getroffen, aber nicht ruiniert, betonen beide.
(emy) Wilfried Noffz hat aus der Weltwirtschaftskrise von 2008 gelernt. Als sich die Folgen zwei Jahre darauf in seinem Unternehmen für Testsysteme in Tönisvorst zeigten, die Aufträge ausblieben, habe er einfach abgewartet, erinnert sich der 65-Jährige: „Das hat uns fast das Genick gebrochen.“ Die Insolvenz konnte er damals aber noch abwenden, und als Anfang des Jahres die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, zögerte er nicht. „Wir haben schnell gehandelt und werden die Krise überstehen“, sagt er.
Ein Großteil der Mitarbeiter – mit Ausnahme der Produktion – konnte von einem auf den anderen Tag im Homeoffice arbeiten. Dazu unternahm man radikale Sparmaßnahmen, strich direkt etwa die Sommerparty sowie die Bowling- und Fitnessangebote für die Mitarbeiter und legte Expansionspläne auf Eis. Rund die Hälfte der 110 Mitarbeiter in Tönisvorst ist seitdem von Kurzarbeit betroffen, allerdings nicht durchgängig, sondern so, wie die Auftragslage es erfordert.
Noffz entwickelt und produziert Testsysteme, die etwa Abstandsmesser-Sensoren an Fahrzeugen oder das reibungslose Funktionieren des Themormix prüfen. Insbesondere das autonome Fahren ist für Noffz ein strategisch wichtiges Geschäftsfeld. „Wir beschäftigen uns mit Produkten, die der Kunde erst übermorgen sieht“, sagt Tobias Noffz (30), der in den Betrieb seines Vaters eingestiegen ist. Die Schwerpunkte liegen in den Sparten Automobil und Telekommunikation. Darüber hinaus stammen Noffz’ Kunden aus der Industrie- und Konsumerelektronik sowie aus dem Maschinenbau und der Herstellung von Medizin- und Wellnessprodukten; dazu zählen etwa Miele, Vorwerk und Hilti.
Wilfried Noffz hat die Firma vor 31 Jahren gegründet. „Allein in meinem Keller in St. Tönis“, erinnert er sich. Der gelernte Radio- und Fernsehtechniker hatte dafür seine Stelle als Ingenieur bei Philips in Krefeld aufgegeben und schnell so viele Aufträge, dass er Mitarbeiter einstellen musste.
Für die Mitarbeiter habe die Corona-Situation eine Kehrtwende bedeutet. „Vor einem Jahr gab es wegen der vielen Aufträge die totale Überlast, jetzt ist zu wenig Arbeit da“, erläutert Tobias Noffz. Denn in den fünf Jahren vor der Corona-Krise sei das Unternehmen stark gewachsen; von 50 auf 160 Mitarbeiter weltweit, von zehn auf 30 Millionen Euro Jahresumsatz. „Wir hatten 30 bis 35 Prozent Wachstum pro Jahr“, sagt Tobias Noffz.
Ausfall von Dienstreisen
spart in der Krise Geld
Zunächst hätten die Mitarbeiter viele Projekte von 2019 abarbeiten können, inzwischen seien die Aufträge massiv rückläufig. Vater und Sohn erwarten für dieses Jahr einen Umsatzrückgang von etwa 30 Prozent. Es kämen aber inzwischen deutliche Signale aus dem Markt, so dass sich die Perspektive für 2021 kontinuierlich verbessere.
Das Unternehmen werde die Krise meistern, sind sich beide sicher. Dies sei möglich durch gute Rücklagen und einen bereits bewilligten Unternehmerkredit. Andere Kosten würden dazu coronabedingt sinken. „Durch den Ausfall von Dienstreisen werden wir dieses Jahr wohl 250 000 Euro sparen“, sagt Tobias Noffz.
Wilfried Noffz lobt seine Mitarbeiter: „Sie sind sehr loyal und flexibel.“ Wichtig sei es allen gewesen, dass das Tagesgeschäft irgendwie weitergeht, denn „es durfte nicht passieren, dass wegen uns irgendwo auf der Welt ein Fließband stillsteht“, sagt Tobias Noffz. Die Fertigung habe zu keinem Zeitpunkt geruht. Die Corona-Fälle innerhalb der Firma waren bislang überschaubar: Es gab zwei in Serbien und einen in Mexiko.
Tobias Noffz war bereits als Prokurist im Unternehmen tätig, jetzt wurde er zum Geschäftsführer bestellt. Er verantwortet nun den Bereich Personal und Finanzen. Dieser Schritt sei lange nicht absehbar gewesen, sagt er: „Ich bin zunächst eher in die kaufmännische Richtung gegangen und hätte nicht damit gerechnet, die Firma einmal zu übernehmen.“
Doch schon während des Studiums half er aus. Seine erste herausragende Aufgabe war die Gründung der eigenständigen Niederlassung in China, weitere folgten weltweit. Tobias Noffz merkte: „Der Bedarf nach einer kaufmännischen Führungskraft war da.“
Mitgeschäftsführer und -inhaber sind Markus Solbach (Marketing und Vertrieb) sowie Manuel von Helden (Produktion und Entwicklung). Die Zusammenarbeit funktioniere hervorragend, betont Tobias Noffz: „Die Bereiche sind klar aufgeteilt, und übergeordnete Themen werden gemeinsam verabschiedet. Wir bringen uns eine hohe Wertschätzung entgegen und vertrauen uns blind.“ Dieses Team war für ihn ein wesentlicher Grund, die Firma fortzuführen. Wilfried Noffz will sich in zwei Jahren ganz zurückziehen.
An den Erweiterungsplänen hält Noffz trotz Corona-Krise fest. Von rund 5000 Quadratmetern will sich das Unternehmen auf gut 15 000 Quadratmeter vergrößern, am liebsten in der Region. Für einen Standort würden Gespräche geführt. „Vielleicht ist ja schon nächstes Jahr Spatenstich“, sagt Tobias Noffz.