Schiefbahn: Ferienkinder aus Tschernobyl

23 Kinder aus der Ukraine machen bis Ende Juli in Willich und Umgebung Erholungsurlaub.

Schiefbahn. Auf dem Parkplatz des St.Bernhard-Gymnasiums herrscht Picknick-Stimmung. Unter den Bäumen haben es sich ganze Familien bequem gemacht und warten. "Möchte jemand ein Eis oder ein Wasser?" Die Frage von Philipp Sanke löst Begeisterung aus. Damit nicht genug. Der Anrather hat im nahe gelegenen Lebensmittelgeschäft Süßigkeiten gekauft. Falls es länger dauern sollte.

"Eigentlich hätten sie laut unserem letzten Telefonanruf gegen 13 Uhr ankommen sollen, aber jetzt wird es doch später", verkündet Peter Küppers von der Tschernobyl-Kinderhilfe Willich.

Gemeinsam mit den Familien wartet er auf die Kinder aus der Ukraine. Niemand will die Ankunft der Besucher aus Kalinkowitschi, 80 Kilometer von Tschernobyl, verpassen.

Für vier Wochen sind die 23 Kinder und Jugendlichen im Alter von acht bis 18 Jahren sowie ihre zwei Betreuerinnen bei 19 Gastfamilien in Willich und Umgebung untergebracht.

"Unsere beiden 14-jährigen Mädchen, Marina und Nastia, kommen bereits zum dritten Mal zu uns", verraten Sandra und Roland Rolshoven. Beide freuen sich auf die vor ihnen liegenden Wochen, für die sie neben den Aktivitäten des Vereins einige private Ausflüge geplant haben.

Es seien ja nicht nur die vier Wochen, sondern man halte das ganze Jahr über Kontakt per Mail und Brief, erzählt das Anrather Ehepaar. Die Sprache ist dabei kein Problem. Ihre beiden Mädchen lernen Deutsch in der Schule, wenn das nicht reicht, geht es mit Händen, Füßen und Augen weiter.

Für die Familie Fliter ist es eine Premiere. "Ich bin im Internet auf den Verein aufmerksam geworden, und wir haben uns spontan entschlossen, ein Kind bei uns aufzunehmen", sagt Oleg Fliter. Sprachprobleme sind auch hier nicht zu erwarten. Er selbst stammt aus Russland, und sogar Tochter Lea (fünf Jahre) spricht Russisch wie Deutsch.

Das Warten wird ermüdend, doch endlich, nach 16 Uhr, trudelt der lang ersehnte Bus ein. Es gab ein Problem mit der Technik: Statt Willich war Wittlich ins Navigationssystem eingegeben worden, und das verursachte die Verspätung. Müde, aber voller Freude fällt man sich in die Arme. Etwas unsichere Gesichter sind nur bei den erstmals angereisten Kindern zu sehen.

Aber das vergeht schnell, als sie merken, mit welcher Herzlichkeit sie aufgenommen werden. Sporttaschen, Plastiktüten und kleine Rucksäcke wandern in die Autos. Bis zum 31. Juli haben alle ein neues Zuhause.