Sprachkurs mit Kase und Gurkis

Die „Viduskola“ in Smiltene/Lettland und das Anrather Lise-Meitner- Gymnasium haben Freundschaft geschlossen.

Foto: Kurt Lübke

Anrath. Dieses Zitat lieh Thomas Prell-Holthausen, Leiter des Lise-Meitner-Gymnasiums, sich gerne aus. Weil es bestens passte. Der Musiker Ernst Zacharias hatte Freundschaft einmal so umschrieben: „Freundschaft ist nicht nur ein köstliches Geschenk, sondern eine dauernde Aufgabe.“ Das Wärmende, das Verbindende, das Vertrauende, aber auch das Verpflichtende daran betonte Prell-Holthausen gestern in seiner Schule, beim kleinen Festakt zur Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen dem Willicher Gymnasium und der Viduskola in Smiltene/Lettland.

Es war mehr als eine launige Aufwärmübung für den abendlichen Festakt im Ratssaal, wo die Urkunde zur Städtepartnerschaft Willich/Smiltene unterzeichnet wurde.

Das Eigene im Fremden entdecken — dazu hatte der Gastgeber aufgefordert. Die 21 lettischen Schüler, die der Einladung der Willicher aus der 1500 Kilometer weit entfernten Partnerschaft Smiltene an den Niederrhein gefolgt sind, nahmen ihn beim Wort. Sie hatten ihre Präsentation über Land, Stadt, Kultur und Schule mit lettischen Vokabeln gespickt, die eng verwandt mit deutschen Worten sind.

„Wer weiß, was Kase heißt?“, fragte eine Schülerin ins Rund. Bürgermeister Josef Heyes eröffnete die heiteren Rate-Runden, tippte auf „Käse“ und lag falsch. Für die richtige Antwort „Kasse“ gab es ein in blaues Papier gewickeltes Schokoladenbonbon. „Gurkis“ gleich Gurke. Leicht! „Birste“ gleich Bürste oder Besen. Gut zu merken! Mit dem Wort „Kirsis“ trafen die Letten allerdings des Niederrheiners Achillesferse in der Aussprache von „ch“ und „sch“: Als jemand eine Antwort zischte, fragte die junge Lettin nach: „Church? Kirche?“ Falsch! Die Kirsche war’s.

Anerkennender Applaus schließlich für alle lettischen Gäste, die die selbst gewählten deutschen Zungenbrecher „Streichholzschächtelchen“ und „Quietscheentchen“ locker über die Lippen brachten.

Es gab viele dieser sympathischen Momente, die während der Feierstunde zeigten, dass sich hier Freunde nicht zum ersten Mal begegneten. Seit 20 Jahren hält die enge Verbindung zwischen beiden Städten, einst angestoßen durch einen musikalischen Austausch, begründet und vertieft vor allem durch die Johannesschule und nach deren Schul-Aus nun intensiv fortgesetzt durch das Gymnasium.

Starthilfe und laufender Motor der Schul- und Städte-Partnerschaft ist das Ehepaar Brock, das unter anderem im Deutsch-lettischen Freundeskreis die zahlreichen bilateralen Beziehungen pflegt. „Was für ein schöner Tag“, strahlte Wolfgang Brock, der am LMG von Lehrer André Dehez unterstützt wird. Das Ehepaar, betonte Prell-Holthausen, „hat seine Leidenschaft und Liebe zu Lettland in die Schulgemeinde und die ganze Stadt getragen“.

Leidenschaftlich, erwartungs- und sehnsuchtsvoll wurde in den Redebeiträgen der europäische Gedanke betont. „Unsere Schulpartnerschaft gibt jungen Europäern die Möglichkeit, sich einander nahezukommen, den europäischen Gedanken mit Leben und Freundschaft zu füllen“, so Anraths Schulleiter. Inga Deigele sprach für die lettische Viduskola und freute sich darüber, dass die Freundschaft ihrer Stadt zu Willich „unsere Erfahrungen bereichert“ und dass das Interesse ihrer Schüler für Deutschland geweckt werde. Bürgermeister Josef Heyes sagte, es sei gut, „dass sich die Nationalitäten öffnen. Die Jugendlichen sind unsere Impulse für internationale Beziehungen“ — somit ein wichtiges Fundament.

Gints Kukainis, Bürgermeister von Smiltene, sagte in seinem Grußwort, er fühle sich in Willich wie „unter Freunden“. Die Werte der europäischen Union zu stärken, war ihm ein so großes Anliegen, dass er seinen Worten eine Geste folgen ließ: Er hob einmal bewusst die europäische Fahne hoch, die auf dem Pult der Unterzeichner zwischen der deutschen und der lettischen Fahne stand.

Den symbolischen Schlusspunkt setzten Brock und Hildegard Herber-Spahn, Vorsitzende des Deutsch-Lettischen Freundeskreis. Sie gaben den Schulleitern zwei Teddybären in die Hand. Janis und Michel, die Maskottchen, sollen in Zukunft aus den Partnerschulen berichten. Auf welche Weise, wie kreativ, das sei den Partnern überlassen. Geste der Freundschaft. Ein köstliches Geschenk.