St. Peter ist ein Stück Heimat
Maria Birmes ist die Vorsitzende des Fördervereins der ältesten Kapelle in Kempen. Sie sieht mit Sorge in die Zukunft.
Kempen/Tönisvorst. Manchmal verdichtet sich Heimat an einem konkreten Ort. Für Maria Birmes (64) aus Kempen ist die Kapelle St. Peter im Kempener Süden ein solcher Heimat-Ort. Von ihrem Zuhause an der Vorster Straße bis zur Kapelle sind es nur wenige hundert Meter. Quer über die Felder hinüber geht der Blick auf das kleine weiße Gotteshaus mit dem dunklen Schieferdach und dem zierlichen Glockenturm. Als Vorsitzende des Fördervereins der Kapelle St. Peter hat sie das Wohl des Gebäudes aber auch im übertragenen Sinn im Blick.
2008 gründete sie den eingetragenen Verein, der aktuell 89 Mitglieder zählt. „Pfarrer Theo Derstappen hat mir damals den Rat gegeben, einen Förderverein zu gründen, damit die Kapelle ein Ort des Gebets bleiben kann“, erinnert sie sich. Seit seiner Gründung hat sich der Verein für das Gotteshaus engagiert: 2010 wurde eine Info-Stele aus Aachener Blaustein errichtet, verschiedene Renovierungsarbeiten wurden erledigt. Andachten, Konzerte und Lesungen beleben den Ort.
Im Sommer sorgen Mitglieder des Fördervereins dafür, dass die Kapelle stundenweise geöffnet werden kann. Der pensionierte Pfarrer Derstappen, der — mittlerweile 95 Jahre alt — im Kempener Von-Broichhausen-Stift lebt, hat zudem über viele Jahre sichergestellt, dass in der Kapelle an jedem Sonntagmorgen um 9.15 Uhr eine Heilige Messe stattfinden konnte. Im August 2017, nach der Feier seines Eisernen Priesterjubiläums, musste er aus Altersgründen dieses Amt aufgeben. Ein Einschnitt, der schmerzt. Denn dieser Gottesdienst war durchweg sehr gut besucht, von bäuerlichen Familien aus der Umgebung, aber auch von vielen anderen Menschen, die die besondere Atmosphäre hier schätzten. Zudem ist die kleine Kapelle mit 75 Sitzplätzen ein Ort mit großer Geschichte. Sie gilt als Keimzelle kirchlichen Lebens und älteste Kirche im Kempener Land. Und dazu gehörte damals ein riesiges Gebiet, das bis nach Anrath, Willich, Hüls, Schiefbahn und Osterath reichte. 1073 wird die Kapelle erstmals urkundlich erwähnt. Doch ihre Ursprünge reichen wahrscheinlich noch weiter, möglicherweise bis in die karolingische Zeit zurück.
Maria Birmes
Einer Legende nach soll niemand Geringerer als Karl der Große das Gotteshaus gestiftet haben, zum Dank für seine Rettung, nachdem er sich bei einem Jagdausflug in den Kempener Wäldern verirrt hatte. Fest steht, dass der älteste Teil des heutigen Bauwerks mehr als 1000 Jahre alt ist. Im Stil der Gotik wurden der heutige Altarbereich und die seitliche Taufkapelle errichtet, die als Sakristei dient. Ein besonderer Blickfang ist die bemalte Holzdecke aus dem 19. Jahrhundert. Doch dieses Denkmal ist nicht nur ein historisches Kleinod, es ist bislang auch immer eine Stätte gelebten Glaubens gewesen. „Die Sonntage, das war für mich immer ein Stück Heimat“, sagt Maria Birmes, „mit vertrauten Menschen gemeinsam den Gottesdienst zu feiern und hinterher noch miteinander zu erzählen.“ Ein wenig „heimatlos“ fühle sie sich jetzt manchmal, obwohl in Kempen in drei katholischen Kirchen Gottesdienste stattfinden. Doch dort sei es etwas anonymer, die Menschen hätten weniger Zeit füreinander.
Angesichts von drohenden Kirchenschließungen und Umwidmungen von Gotteshäusern sieht Maria Birmes mit etwas Sorge in die Zukunft. Sie findet es schade, dass in der Kapelle keine Sondergottesdienste wie Trauungen oder Taufen stattfinden dürfen. Auch um die Zukunft der Jahrhunderte alten Prozessionen, die sich an St. Peter festmachen, macht sie sich so ihre Gedanken. Und Begriffe wie „Kletterkirche“ lassen die gläubige Katholikin erst recht erschaudern. Dabei ist sie eigentlich kein Mensch, der sich über seine Emotionen definiert. Sie ist eine kluge, sachliche und pragmatische Frau, die lieber im Hintergrund agiert.
Der christliche Glaube, die Familie, das Land, all dies sind feste Parameter in ihrem Leben. „Von Kempen kriegen mich keine zehn Pferde weg“, sagt die gebürtige Vorsterin mit Nachdruck. Und nach dem Urlaub, der seit Jahren an den gleichen Ort in Österreich führt, sei sie erst so richtig glücklich, wenn sie auf den Weg zum Hof einbiege: „Erst dann ist die Welt für mich wieder in Ordnung“, sagt Maria Birmes und schmunzelt.