St. Tönis: Betreuung - Treffpunkt für Demenzkranke
Die evangelische Kirche hat ein Café speziell für Demenzkranke eingerichtet.
St. Tönis. In erster Linie ist es eine Erleichterung für die Angehörigen. "Den Kranken selbst tut man damit nicht unbedingt einen Gefallen", sagt Marion Wlotzka, hauptamtliche Mitarbeiterin für Seniorenarbeit an der evangelischen Kirche in St. Tönis. "Für Menschen mit Demenzerkrankungen ist es am besten, wenn sie immer in ihrer gewohnten Umgebung sind."
Trotzdem entwickelte sie vor fast vier Jahren gemeinsam mit Regina Gerhard vom Seniorenbüro Alter-nativen die Idee zu einem Betreuungscafé für Demenzkranke, das jetzt seit drei Jahren besteht.
In den drei Stunden am Donnerstagvormittag haben die Angehörigen mal Gelegenheit, durchzuatmen. "Die Betreuung von Demenzkranken ist sehr anstrengend", sagt Wlontza. Die Ehefrau eines Mannes, der vor kurzem verstarb, berichtete davon, dass sie in der Zeit des Cafés ruhig schlafen konnte.
"Sonst war sie immer in Hab-Acht-Stellung. Was macht er jetzt? Versucht er womöglich, die Wohnung zu verlassen? Muss ich jetzt aufstehen und nachsehen?" Das zehrte an den Nerven.
Die zwölf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Betreuungscafés wurden speziell auf ihre Aufgabe vorbereitet. "Wir haben mit der VHS zusammen gearbeitet."
Der stellvertretenden Leiter, Erich Schützendorf ist ein Spezialist auf dem Gebiet. Medizinische und rechtliche Aspekte wurden in der Theorie beleuchtet. Praktische Anleitung gab es beispielsweise für die Begleitung zur Toilette und dafür, wie man einen Menschen, der kaum mehr ansprechbar ist, dazu bewegt, auf einen anderen Stuhl zu wechseln.
"Momentan ist unsere Gruppe recht fit", sagt Wlotzka. "Wir können also gemeinsam Gymnastik machen, basteln oder Kuchen backen." Für jeden Kranken steht ein Betreuer zur Verfügung. "Deswegen können wir ganz individuell auf die Bedürfnisse des Kranken eingehen."
Mit unruhigen Patienten geht es zu einem Spaziergang, andere wollen ununterbrochen reden. "Auch da können wir dann aufmerksam zuhören."
Elfie Aeuer wurde von ihrer Freundin, die eine demenzkranke Mutter hatte, zu der ehrenamtlichen Tätigkeit animiert. "Ich finde das faszinierend, was da manchmal doch noch und trotz allem von den Menschen kommt", sagt sie.
Vor kurzem erst hat die Gruppe einen Ausflug ins Lehmbruck-Museum nach Duisburg gemacht und an einer Führung für Demenzkranke teilgenommen. "Da wurden sie richtig munter", erinnert sie sich.
Durch ein Tuch sollten sie ertasten, ob es sich bei der darunter verborgenen Skulptur um eine Frau oder einen Mann handelte. "Eine Frau war sich ganz sicher, dass es ein Mann sein müsse. Wegen der großen Füße und dem breiten Rücken."
Als die Skulptur sich dann als Mutter entpuppte, die sich schützend über ihre Kinder beugt, sei sie gar nicht einverstanden damit gewesen. "Und hat sich richtig aufgeregt!", freut sie sich über die unerwartet intensive Empfindung bei Neuem.