Kommunalpolitik Stadt muss Fehlfahrten des Krankenwagens selbst tragen

Willich. · Muss der Rettungswagen Patienten nicht ins Krankenhaus bringen, zahlt die Krankenkasse die Kosten für die Anfahrt nicht.

Die Gebühren für den Rettungsdienst wurden jetzt erhöht.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Einstellung des hausärztlichen Notdienstes abends und am Wochenende im April 2015 wirken sich seit rund zwei Jahren negativ auf den Haushalt der Stadt Willich aus. Die Stadt bleibt nämlich auf den Kosten für sogenannte Fehlfahrten des Rettungsdienstes und des Notarztes sitzen – und die Zahl dieser Fehlfahrten hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. „Die Krankenkassen sparen, wir zahlen. Das ist nicht gut“, fasste der Vositzende des zuständigen Gebührenausschusses, Hans-Joachim Donath (FDP), nun im Stadtrat zusammen. Die Politik beschloss einstimmig, die Gebühren für die Einsätze der Rettungswache Willich zu erhöhen, um das Defizit auszugleichen.

Die Gründe für die Fehlfahrten sind vielschichtig. Zum einen werden seit 2016 die Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern weiterqualifiziert und haben damit am Einsatzort eine höhere Notfallkompetenz, wie die Stadtverwaltung bei der Forschung nach den Ursachen ermittelt hat. Das führe dazu, dass die Einsätze bei den Krankenkassen der Patienten nicht abgerechnet werden können. Denn der Patient wird ja vor Ort behandelt und nicht in ein Krankenhaus gebracht. „Dies ist eine klassische Fehlfahrt und geht zu Lasten des städtischen Haushalts“, so die Verwaltung weiter.

Zum anderen wirkt sich die ärztliche Notdienstpraxis in Viersen, die seit 2015 in Betrieb ist, aus. Konnten Patienten außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten der Ärzte zum Notdienst habenden Arzt gehen, müssen sie seither nach Viersen – für viele beschwerlich oder gar unmöglich, weswegen stattdessen die 112 gewählt wird und der Rettungsdienst ausrückt – auch wenn die gesundheitlichen Beschwerden dies eigentlich gar nicht rechtfertigen. „Der Anstieg solcher Einsätze ist sehr hoch und führt zu einer Behandlung vor Ort und somit zu einer Fehlfahrt“, schreibt die
Stadtverwaltung.

Bis zum Jahr 2016 erzielte der
Rettungsdienst noch Überschüsse

Konnten mit dem Rettungsdienst in den Jahren 2014 bis 2016 noch Überschüsse von 524 000 Euro erzielt werden, wendete sich das Blatt 2017 mit einem Minus von 147 000 Euro. Das Defizit für 2018 muss noch genau ermittelt werden. Um für das laufende und die kommenden Jahre weitere Defizite zu verhindern, beschloss der Stadtrat nun einstimmig, die Gebühren für die Leistungen, die bei den Krankenkassen abgerechnet werden können, rückwirkend zum 1. Mai zu erhöhen. So steigt beispielsweise die Grundgebühr für den Einsatz eines Rettungswagen von 405 auf 545 Euro, die Gebühr für einen bestellten, aber nicht genutzten Rettungswagen, sobald er die Fahrt begonnen hat, von 304 auf 409 Euro und die Kilometerpauschale von 3,84 auf 4,85 Euro. Die Krankenkassen haben laut Verwaltung bereits signalisiert, mit der Gebührenerhöhung einverstanden zu sein.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Bäumges sagte, seine Fraktion treibe die Situation um: „Viele Menschen rufen den Krankenwagen, obwohl ihnen anders geholfen werden könnte. Das hatten wir nicht, als wir noch ein eigenes Krankenhaus hatten.“ Man müsse sich nun fragen, wie man mit dieser Situation umgehe. Nicht unwahrscheinlich also, dass die Diskussion um das von allen Fraktionen geforderte Ärztehaus samt „Mini-Krankenhaus“ mit dem Arbeitstitel „Ambulatorium“, dessen Realisierung im Stahlwerk Becker im vergangenen Jahr scheiterte, nun wieder Fahrt aufnimmt. msc