Ferienzeit Stadtbücherei: Eine Anlaufstelle für Bücherwürmer
Schüler nutzen die Sommerzeit, um sich in Schiefbahn mit Lektüre einzudecken und ins Reich der Fantasie einzutauchen.
Schiefbahn. Ferien! Es ist Zeit für einen Ausflug. In ein Phantasialand der Buchstaben. Für ein „Nachts im Museum“-Drehbuch in der Willicher Stadtbücherei. Stellen wir uns einmal vor, die Bibliotheksbewohner der Albert-Oetker-Straße 98 könnten in der Dämmerung aus ihren Buchdeckeln schlüpfen. Dann würde Harry Potter mit Justus, Peter und Bob in den Regalen herumklettern, mit den Kindern aus Bullerbü schwimmen gehen, zu Jim Knopf in die Lok steigen oder dem Sams blaue Punkte klauen. Wie herrlich wäre so eine lebendige Lesenacht.
Das Drehbuch muss noch geschrieben werden. Gut, dass es in der Bibliothek tagsüber Fantasie zum Mitnehmen gibt. Krimis „to go“, Abenteuer, Fantasy, Mädchenbücher oder Was-ist-was-Bände — bei Leiterin Andrea Krause können sich Leser montags bis freitags stapelweise mit Lektüre eindecken.
Alina, 13, aus Schiefbahn, hat sich an diesem Montagmorgen im Nieselregen aufgemacht, um DVDs und Bücher zurückzubringen. „Im Urlaub lese ich viel“, sagt die Schülerin, die ein Fan der Trilogie Rubinrot, Saphirblau und Smaragdgrün ist.
Alina hat in den Ferien mehr Zeit, als ihre Hobbys Reiten, Schwimmen und Gitarrespielen sonst in der Schulzeit zulassen. Ihr Lesetipp: „Harriet“, die Geschichte eines Mädchens, das nicht an Mode interessiert ist, aber ihre Freundin, die Model werden möchte, zu einem Casting begleitet und selbst dort entdeckt wird.
Das Regal mit den Romanen für Teenager steuert Lisa Schurtzmann mit ihrem Sohn Tom (2) noch nicht an. Aber Bilderbücher und CDs leiht sie regelmäßig in der Schiefbahner Bücherei aus, seit sie vor einem halben Jahr nach Niederheide gezogen ist. „Pettersson und Findus mag er“, sagt die junge Mutter und freut sich schon auf die Zeit, wo noch mehr Hörspiele und Klassiker wie „Der kleine Wassermann“ und „Lukas der Lokomotivführer“ für Tom interessant werden.
Das Telefon klingelt. Jemand lässt die Ausleihfrist für Hörbücher verlängern. Andrea Krause regelt das mit einem Klick. Viele ihrer Lesekunden kennt sie mit Namen — trotz der 10 000 bis 12 000 Ausleihen pro Jahr. Auch wenn das Buch in der Freizeitgestaltung Jugendlicher in diesem jungen Jahrtausend eine Menge Konkurrenz bekommen hat, passiert es immer wieder, dass junge Leser gleich zehn Bücher zur Ausleihe tragen oder „eine ganze Reihe einpacken“, weil sie die Geschichte so fasziniert. „Da haben wir plötzlich viel Platz im Regal“, sagt Krause und lacht.
Sie blickt schon auf mehr als 20 Jahre an diesem Standort neben dem St.-Bernhard-Gymnasium zurück. „Sicher, wir liegen nicht so zentral, da hat man nicht die Laufkundschaft. Aber man findet uns.“ Täglich gibt sie Tipps, wenn Jungen und Mädchen sie fragen, was sie denn lesen könnten. „Dann frage ich nach Alter und Interessen und danach, was sie bereits gelesen haben und nach Lieblingsbüchern.“ Dann fällt der nächste Lesetipp nicht schwer.
Natürlich würden „Hanni und Nanni“, „Die 5 Freunde“ und Astrid Lindgren immer noch stark nachgefragt. Aber gerade für Mädchen gebe es heutzutage mehr Auswahl. Die Rolle wird neu definiert. „Früher gab es keine Geschichten, in denen ein Mädchen wie Ruby Redfort als Detektivin die Hauptfigur war. Das hat sich geändert.“ Gregs Tagebuch, der Comic-Roman, spreche Jungen und Mädchen gleichermaßen an, als Buch, Hörbuch und Film. Asterix bleibt beliebt und wird gerade rundum erneuert.
Immer wieder liegen Kinder auf dem Teppichboden vor dem Sachbuchregal oder sitzen mit Kissen auf den Stufen, um in Bänden zu schmökern. „Wissensbücher sind sehr beliebt“, sagt Krause, Themen wie Pferde, Ballett, Experimente oder Sterne vorne an. „Dinosaurier gehen immer.“
Ab September wird das Angebot in der Willicher Stadtbücherei erweitert. „Wir schließen uns als 15. Bibliothek der Onleihe-Niederrhein an“, sagt Andrea Krause. Die Einrichtung folgt damit unter anderem den Stadtbüchereien von Kempen und Tönisvorst. Über die „Onleihe“ können Nutzer eBooks, ePaper, eAudios und eVideos herunterladen und ausleihen.
Immer wieder erlebt die Leiterin der Willicher Stadtbücherei in der Ferienzeit, dass zwei, drei befreundete Mädchen oder Jungen gemeinsam in die Bücherei kommen, einen Spielfilm ausleihen, um ihn zu Hause zu schauen. Passt auch zum Bibliotheksmotto „Kommen. Schmökern. Ausleihen“. Das wandhohe Regal ist mit DVDs gut bestückt. Den Film „Nachts in der Bücherei“ findet man aber unter keiner Signatur. Ist bisher nur etwas fürs Kopfkino.