Stadtgeflüster: Von Vögeln und der Politik

Am Montag geht’s um einen Storch, einen Kandidaten, ein seltsames Plakat — und um Zeitprobleme.

Storch und Reiher nehmen am Grenzweg bei Neersen gemeinsam ihre Mahlzeit ein.

Foto: Reimann; bec; privat

Willich/Tönisvorst. Da staunte Gerd Zenses, der Ehrenpräsident der Konradsschützen am Grenzweg, nicht schlecht, als er in seinen Garten schaute. Dort hatte er einen Horst für Störche aufgestellt, allerdings nicht so hundertprozentig damit gerechnet, dass Meister Adebar sich mal blicken ließe. Tatsächlich besuchte in der vergangenen Woche gleich mehrfach ein Storch den noch unbewohnten Hochsitz. Zwischendurch frisst der Vogel gemeinsam mit einem Reiher auf dem angrenzenden Feld schon einmal Leckerbissen. Nun hofft Zenses, dass sich vielleicht noch der Ehepartner einfindet. Bekanntlich hatten Storchenpaare bisher nur an der Clörather Mühle erfolgreich genistet und Nachwuchs aufgezogen.

Da staunt der Betrachter: Der Vorster Peter Joppen (l.) steht gemeinsam mit dem Willicher Bürgermeister Josef Heyes in Anrath auf einem Wahlplakat.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Uwe Leuchtenberg redet viel. Das hat damit zu tun, dass der Tönisvorster SPD-Mann Bürgermeister-Kandidat ist. Also spricht er. Aber nicht alles, was kolportiert wird, hat er wirklich gesagt. So stand beispielsweise in der WZ, Leuchtenberg habe gesagt, dass die Vorster Bürger sich für eine Umgehung ausgesprochen hätten. Das haben sie nicht und als Vorster weiß Leuchtenberg das natürlich auch. Mitte der 90er Jahre hatten die Bürger in einem Votum gegen die Ortsumgehung gestimmt, mit deutlicher Mehrheit. Bei dem Ortstermin war es um eine erhöhte Verkehrsbelastung für die Süchtelner Straße gegangen.

Ex-Borusse Klaus Amrath, heute Besitzer einer Imbissbude, hat ein Herz für die Nachwuchs-Kicker des SC 08 Schiefbahn.

Foto: NN

Wir bleiben noch einen Moment bei der damals geplanten Vorster Ortsumgehung. Eines der Argumente, die immer wieder auf den Tisch kamen: Die Geschäftsleute befürchteten Einbußen durch den ausbleibenden Verkehr. So richtig hat der erhalten gebliebene Verkehr aber dann auch nicht den Handel in Schwung gehalten. Sonst würde man doch jetzt nicht über eine dringend notwendige Belebung des Ortskerns sprechen, oder?

„Gemeinsam für Willich“ — so werben die Christdemokraten in allen Willicher Stadtteilen. Auch in Anrath. Da ist dann Bürgermeister Josef Heyes auf einem Wahlplakat zu sehen, etwa mit einer jungen Frau und einem nicht mehr ganz so jungen Mann. Und hier staunt auch der Tönisvorster beim genauen Hinsehen: Der vermeintliche Anrather, der bei Heyes steht, ist niemand anders als der Vorster Landwirt Peter Joppen. Immerhin, dessen Parteibuch passt und im Kreistag ist der frühere Tönisvorster Stadtrat auch. Aber wie kam er nach Anrath? Der Stadtflüsterer hat sich an die Recherche gemacht — Ergebnisse folgen.

Nein, es war kein Protest, der zwei Plakate umgelegt hat. Der Wind war es. Am Freitag mit den ersten heftigen Windböen ging die FDP in die Knie, die CDU stand plakatmäßig etwas angeschlagen, aber noch fast aufrecht. Die SPD ließ sich dagegen von den brausenden Winden nicht irritieren. Die zweite Serie an Böen brachte dann auch die CDU zu Fall. Einzig SPD-Europakandidat Martin Schulz ließ sich immer noch nicht beeindrucken. Wo das passierte? Am Ortseingang von St. Tönis an der Kornstraße. Ob das Wind-Ergebnis das Wahlergebnis in Tönisvorst widerspiegelt, konnte der Stadtflüsterer nicht in Erfahrung bringen.

Lange nicht mehr über Verkehrsprobleme in der benachbarten „Stadt wie Schutt und Asche“ — also Krefeld — gelästert. Da ist mittendrin jetzt das vollständige Chaos ausgebrochen, nachdem auch die Kreuzung St. Anton-Straße/Ostwall dicht ist. Jetzt wird der Verkehr, der Richtung St. Tönis will, über Nordwall und Preußenring abgeleitet. Will man allerdings von dort aus nach rechts auf die St. Töniser Straße abbiegen, stößt man auf eine Ampel. Ach was, gleich ein ganzer Mast voll Ampeln hängt dort. Sie wissen schon, auch solche, wo das Rotlicht gleich doppelt und dreifach vorhanden ist, damit auch mal eine Birne kaputt gehen kann. Redundant nennt man das. An dieser Stelle ist es allerdings gleich sehr redundant. Denn von den vielen Birnen, die Rot anzeigen könnten, ging in der vergangenen Woche gerade mal eine.

Nach der Kirchturmuhr kann sich weiterhin kein St. Töniser mehr richten. Denn egal, von welcher Seite man auf die vier Uhren von St. Cornelius schaut, die richtige Zeit zeigt keine an. Bei der Foto-Aufnahme des „Flüsterers“ (siehe unten) war es exakt 15.30 Uhr. Drei Uhren zeigten aber 9.30 Uhr und eine 11.32 Uhr an. Ein Nettetaler Pfarrer, der regelmäßig in St. Tönis ist, sprach denn auch gegenüber dem Flüsterer von der „St. Töniser Mondzeit“.

Für Klaus Amrath ist es immer noch eine Herzensangelegenheit, seinen Verein SC 08 Schiefbahn zu unterstützen. Nutznießer war diesmal die F1-Mannschaft der 08er, die sich über einen neuen gesponserten Trikotsatz freuen durfte. Klaus Amrath spielte selbst jahrelang für die 08er, ehe er Ende der 70er Jahre einige Zeit in Europas ersten Ligen auf sich aufmerksam machte. Nach einem zweijährigen Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach, für den er unter anderem gegen den FC Bayern München ein Tor erzielte und immerhin viermal im damaligen Uefa-Pokal international auflief, war er in Belgien beim FC Beringen und bei BK 1903 Kopenhagen in der ersten dänischen Liga aktiv. Nach der Beendigung seiner Profilaufbahn zog der heutige Besitzer der Schiefbahner Imbissstube „Rot-Weiß’’ wieder an den Niederrhein zurück. Die F1-Mannschaft des SC 08 mit seinen Trainern Matthias Empt und Stefan Hilgenstock bedankte sich beim Fototermin herzlich bei Klaus Amrath und hofft, in den neuen Trikots, in denen man schon Willicher F-Jugend-Stadtmeister wurde, die seit fast einem Jahr andauernde Serie ungeschlagener Pflichtspiele fortsetzen zu können.