Analyse Stichwahl in Tönisvorst: Auf jede Stimme kommt es an
Tönisvorst · Thomas Goßen und Uwe Leuchtenberg kämpfen weiter - Leuchtenberg holte am Sonntag 500 Stimmen mehr.
Glatte 500 Stimmen lag Uwe Leuchtenberg, Bürgermeister-Kandidat von SPD, Grünen und GUT in Tönisvorst, am Sonntag nach der Auszählung vor Amtsinhaber Thomas Goßen (CDU).
500. Was ist das für ein Vorsprung? Haushoch oder hauchdünn? Die Zahl entspricht 20 Schulklassen. Oder eineinhalb mal so vielen Besuchern, wie jüngst beim Pokalspiel von Borussia Mönchengladbach auf der Ost-Tribüne (Mitte) zuschauen durften.
13 293 haben sich an der Bürgermeister-Wahl am Wochenende beteiligt (54,48 Prozent Wahlbeteiligung). 5720 Tönisvorster und Tönisvorsterinnen gaben Uwe Leuchtenberg ihre Stimme. 5220 Thomas Goßen. Differenz: besagte Zahl 500.
Schauen wir auf die am Sonntag ausgeschiedenen Kandidaten. Auf Michael Lambertz (UWT). Er verbuchte 1415 Stimmen auf sich (10,78 Prozent). Der parteilose Thomas Keymel holte 770 Stimmen. Keymel-Wähler dürften eher einen personellen Wechsel an der Stadtspitze anstreben. Aber wie positionieren sich die nun Wähler, die ihre Hoffnung in den unabhängigen Kandidaten Lambertz gelegt hatten?
Jörg Frick, UWT-Kandidat, hat die Thematik Montag bei Facebook so kommentiert: „Der amtierende Bürgermeister hat mehr Stimmen als seine Partei erhalten. SGG-Wähler (damit kürzt Frick das Dreierbündnis SPD, Grüne und GUT ab, Anm. d. Red.) haben nicht geschlossen für ihren Kandidaten gestimmt! Wenn sich das nicht ändert, bleibt sehr wahrscheinlich der alte auch der neue BM.“
Rechnen wir die Aussage(n) mal nach: Goßen holte als CDU-Kandidat 39,77 Prozent. Seine Partei in der Stadtratswahl 35,96 Prozent.Leuchtenberg kam auf 43,58 Prozent der Stimmen. Die Parteien, die ihn als Kandidaten nominiert hatten – SPD, Grüne und GUT – kamen bei der Stadtratswahl addiert auf 48,95 Prozent.
Auf jede Stimme kommt es bis und am 27. September an. Auch deshalb, weil sich erfahrungsgemäß – unabhängig von der Spannung – weniger Bürger motivieren lassen, nach zwei Wochen wieder ein Kreuz zu machen.
Beleg: Bei den Stichwahlen 2015 waren in Krefeld noch 36,7 Prozent der Wahlberechtigten ihrem Recht nachgekommen, in der Kreisstadt Viersen nur 32,1 Prozent.
Liefe das in Tönisvorst nun ähnlich ab, dann würden bei einer Beteiligung von angenommenen 35 Prozent insgesamt nur noch 8548 aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben, die sich auf die zwei Kandidaten konzentrieren.
Wer mobilisiert seine Anhänger wie gut? Wer motiviert wie zur erneuten Stimmabgabe, die nicht nur eine personelle, sondern auch eine politische Neuausrichtung sein könnte. Goßen oder Leuchtenberg? Aller guten Dinge sind drei. Aber für wen? Antwort: Samstag in acht Tagen.
Anmerkung: In einer früheren Version des Textes wurde Jörg Frick versehentlich als FDP-Vertreter bezeichnet. Er ist aber vielmehr UWT-Kandidat. Es lag eine Verwechslung mit seinem Bruder Torsten vor, der in der FDP aktiv ist. Die Redaktion bittet diesen Fehler zu entschuldigen.